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Mit der Digitalisierung der Kommunikation über alle Branchen hinweg hat sich auch die Architekturkommunikation grundlegend verändert. Die Bedeutung von Social Media, insbesondere die bildlastige Plattform Instagram, nimmt eine zunehmend wichtige Rolle als Kommunikationskanal ebenfalls für Architektinnen und Architekten ein. Manche Architekturbüros haben schon früh das Potential von Instagram als digitalen Showroom für ihre Arbeit erkannt, andere sind erst seit kurzem dabei.

Von Ulrike Haardt und Serena Garulli

Welche Chancen bietet ein Instagram-Account für Architektinnen und Architekten, welcher Nutzen kann aus einer starken Präsenz auf Social Media überhaupt gezogen werden? Und gibt es ein Erfolgsrezept für ein reichweitenstarkes Profil, das über die Plattform hinaus Relevanz erzielt? 

Mehr als Katzen und Promis: Instagram als visuelles Sprachrohr des eigenen Architekturverständnisses

Auf Instagram produzieren User weltweit täglich Millionen von Bildern und Videos, die so den Weg in die Öffentlichkeit finden. Die Plattform gilt als die oberflächlichste aller sozialer Medien.  Nichtsdestotrotz ist sie ein globales Bildarchiv, in dem jedes erdenkliche Thema per Hashtag verschlagwortet und gefunden werden kann. Für Architektinnen und Architekten ist dies aus unterschiedlichen Blickwinkeln höchst relevant und nutzbar: als Recherchetool für Materialien und Bauprodukte, als Inspirationsquelle in der Entwurfsphase und als Diskussionsplattform innerhalb der Branche. Auch als Kanal für die eigene PR, für die Präsentation von aktuellen Projekten, der Ansprache von Zielkunden und potentiellen Auftraggebern und nicht zuletzt als Ort für Employer Branding sowie für die Suche nach neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die Plattform geeignet. Als digitale Visitenkarte nimmt Instagram immer mehr Einfluss auf die Wahrnehmung und das Image von Architektinnen und Architekten und deren Büros ein. Einmal viral gegangen, können Reels- und Story-Formate kurzfristig für eine starke Präsenz sorgen, deren Relevanz sich auf die analoge Welt überträgt. 

Valerio Olgiati Instagram Architekturkommunikation
Ruhige, unspektakuläre Ästhetik: Instagram-Profil des Architekten Valerio Olgiati, © Valerio Olgiati

Architektinnen und Architekten nutzen zunehmend die Möglichkeit der kreativen Gestaltung des eigenen Profils, um ihre Arbeitsweise, ihr persönliches Architekturverständnis und theoretische Position öffentlichkeitswirksam zu präsentieren. Im Gegensatz zu Fachmagazinen, Branchenblättern oder Architekturblogs können die Büros hier völlig frei agieren, ohne „Zensur“ des Layouters oder der Redaktion. Architektur als bildstarkes Thema trifft bei Instagram auf eine weltweit hoch agile Community. Die große Kunst besteht allerdings darin, sich mit einem reichweitenstarken Profil Gehör zu verschaffen. 

Das Instagram-Profil als konzeptuelles Statement

Der Schweizer Architekt Valerio Olgiati (@valerioolgiati) ist für die besondere Haltung, die seine architektonischen Werke inhaltlich miteinander verbindet, bekannt. Auch sein Profil auf Instagram vermittelt durch Bildauswahl und Layout eine ruhige, unspektakuläre Ästhetik. Der Wechsel von Fotografien, Zeichnungen und Material-Details ist sorgsam zu einem Gesamtbild kuratiert, welches Olgiatis Prinzipien von Einfachheit und Effizienz spiegelt. Es geht nicht um Effekte und imposante Größe, sondern um eine reduzierte Bildsprache:

Seine Bauten sind größtenteils frontal aufgenommen, es gibt wenig Übereck-Perspektiven, Details wie Bodenfliesen oder auch Skizzen sind streng von oben abgebildet. Auf zusätzliche Informationen wird verzichtet, außer einer unkonkreten Ortsangabe gibt es keinen Text: Im Fokus steht die Form. Olgiatis Konzept von der Ordnung beim Bauen findet sich so im Grunde in seiner Instagram-Strategie wieder. Mit 184.000 Followern hat der Architekt eine große Fangemeinde für seinen konzeptuell ausgerichteten Account. Während seine eigene Website keine visuellen Einblicke gibt und lediglich die Adresse und die Kontaktdaten des Büros nennt, scheint das feste Kachel-Raster von Instagram dem Architekten den richtigen Rahmen für eine visuelle Präsentation seiner Arbeit zu bieten. 

Viel bringt viel: Große Architekturbüros auf Instagram   

Sieht man sich die großen Architekturbüros auf Instagram an, wird sofort deutlich: hier geht es nicht in erster Linie um ein visuelles Profil-Gesamtbild, wo der neue Post kompositorisch zum letzten passen muss. Es wird viel gebaut und daher gibt es sehr viel zu zeigen. Herzog & de Meuron (@herzogdemeuron) gehört mit 502.000 Followern zu den reichweitenstarken Architekturbüros auf Instagram. Es wird regelmäßig gepostet: spektakuläre Ansichten, Skylines, Innenräume, Zeichnungen und Pläne, Renderings, Baustellen, Menschen, Natur. Angereichert sind alle Posts mit entsprechend ausführlichen Informationen über das jeweilige Projekt und beteiligte Partner sind „ge-added“ (markiert). Die Linktree-URL der Website in der Instagram-Bio steuert den Traffic nach Themen und macht es den Usern leicht, sich zu orientieren. 

Weitere Beispiele für diese bunte, abwechslungsreiche Bespielung des eigenen Kanals finden sich bei vielen anderen großen, international agierenden Architekturbüros wie Snohetta, Zaha Hadid, Renzo Piano, David Chipperfield, Daniel Libeskind etc. Das Posten auf Instagram findet hier auf professioneller Ebene statt, bindet offensichtlich entsprechende Personal-Power und gehört im Mix von Marketing, Branding und Reputation ganz selbstverständlich dazu. 

Herzog & de Meuron Instagram
Es gibt viel zu zeigen: Der Instagram-Account von Herzog & de Meuron, © Herzog & de Meuron

Kann man von der Architekturkommunikation der Großen lernen? Viel bringt viel – das trifft auch auf Instagram zu, dessen Algorithmus stetig gefüttert werden will. Und auch die Community ist hungrig nach neuen Bildern, Inspiration und Unterhaltung. Oft und regelmäßig zu posten ist die Devise – dies ist inzwischen zur Binsenweisheit geworden, aber immer noch richtig und der Mühe wert. 

Brand Identity im Fokus: Die eigene Marken-Botschaft prominent visualisieren 

Wie auch die eigene Website wird auch Instagram von mehr und mehr Architekturbüros als digitale Plattform genutzt, um die eigene Marke visuell zu präsentieren. Das Aufrufen eines Instagram-Profils ist vergleichbar mit dem Betreten eines visuellen Showrooms – das Erscheinungsbild in der Gesamtheit trägt die Handschrift der Marke und transportiert deren Kernelemente. 

Bei dem Münchner Büro Henn (@hennarchitecture) ist es ein einheitlich futuristischer Stil, der sich nicht nur in ihren Bauprojekten wiederspiegelt, sondern ebenso in der Präsentation auf Instagram. In heller, fast cleaner Anmutung zeigt das Profil realisierte Großprojekte, aber auch deren Modelle.

Auch Marte Marte Architekten (@marte.martearchitects) aus Österreich gelingt auf Instagram eine einheitliche Bild- und Formensprache, die ihre Brand Identity hervorhebt. Die Farbgebung ist dank Blau-Filter kühl und kontraststark, die Bauprojekte werden mit Innen- und Außenansichten in mehreren Posts hintereinander als Reihe vorgestellt. Materialität und Texturen stehen im Fokus sowohl in den Architekturen als auch deren Visualisierungen. 

Marte Marte Architekten Instagram
Eine einheitliche Bild- und Formensprache, die ihre Brand Identity hervorhebt: Marte Marte Architekten, © Marte Marte Architekten

Beide Beispiele zeigen, dass Instagram nicht nur als Aneinanderreihen von schönen Bildern genutzt wird, sondern der Gesamtauftritt als komponierte Ausstellung verstanden und umgesetzt wird – mit Erfolg, denn die Anzahl der durchschnittlichen Likes ist hoch.

Instagram öffnet den Blick hinter die Projekte: Es darf auch „menscheln“

Dass die Architekturbranche an Fachkräftemangel leidet, ist allseits bekannt. Daher verwundert es nicht, dass Instagram-Profile von Architektinnen und Architekten zunehmend die Menschen hinter den Projekten thematisieren. Digitales Employer Branding auf Instagram hat die Botschaft: Seht her, wir haben spannende Projekte und auch ein tolles Team. Das Berliner Architekturbüro Kinzo (@kinzoberlin) hat ein helles, bunt-freundliches Profil mit einem durchgängig weißen Rahmen-Layout, berichtet von Aktionen abseits reiner Architekturprojekte und stellt die eigenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in ihrer Post-Serie „people@kinzo“ vor. Geschichten aus dem Team mit den entsprechenden Gesichtern dazu – es darf ruhig etwas „menscheln“ auf Instagram. Dem Münchner Studio für Innenarchitektur INpuls (@inpulsinterior) gelingt hier eine stimmige Mischung aus Projekt-Fotos und Portraits von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne den gestalterischen Anspruch an die ästhetische und inhaltliche Anmutung des Profils aus den Augen zu verlieren. Zahlreiche Architekturbüros nutzen zudem das Story-Format, um ihre Stellenangebote zu platzieren: als Story-Highlight „Jobs“ sind sie in der Reihe des Story-Archive prominent unter den Profil-Angaben sichtbar. 

Sichtbarkeit und Unabhängigkeit: Wo sich die Mühen auszahlen

Zander Roth Architekten Instagram
Gestaltungswillen und das konzeptuell-strategische Denken bei Zander Roth Architekten, © Zander Roth Architekten

Gibt es ein Erfolgsrezept für Architekturkommunikation auf Instagram? Jein. Die branchenübergreifenden Do’s und Don’ts bei Instagram gelten auch für Architekturbüros: regelmäßig und oft posten, gute Bilder zeigen, ein stimmiges Gesamtkonzept präsentieren, Abwechslung durch unterschiedliche Inhalte (Werk-Fotos, Zeichnungen, Modellansichten) bieten, gut recherchierte Hashtags verwenden, Beteiligte und Partner markieren, zu Kommentaren motivieren und mit der Community im Austausch sein – all dies sollten auch Architektinnen und Architekten für ihr Instagram-Profil tun. Gerade die Architektur-Branche ist abhängig von Bildern und Visualisierungen – sie prägt nicht nur die Wahrnehmung des Bauwerks, sondern auch die Ästhetik auf Instagram. Viele der Accounts der großen Büros scheinen auf den ersten Blick in ihrem Erscheinungsbild ähnlich und damit austauschbar; sie sind aber damit sehr erfolgreich. Die große Architektur-Community auf Instagram belohnt spektakuläre, „catchy“ Bilder mit Likes und positiven Kommentaren. Jedoch nicht jedes Architekturbüro baut große Museen oder aufsehenerregende Headquarter und kann damit auf Social Media punkten. 

Interessant ist zu beobachten, dass gerade jüngere Büros mit eigenen konzeptuellen Strategien herausstechen: Die Berliner Architekten Drei Gegen Einen (@dreigegeneinen) wagen auch mal einen eher unattraktiven Typografie-Post, das Profil des Leipziger Ateliers ST (@atelierst_architects) blättert sich wie ein Magazin auf, Zander Roth Architekten (@zanderrotharchitekten) nutzen teils bis zu acht Post-Kacheln für ein Motiv – das bringt nicht adhoc viele Likes, offenbart allerdings den Gestaltungswillen und das konzeptuell-strategische Denken der Architekten. 

Die Vielfalt der Architekten-Accounts auf Instagram ist groß. Als visuelle Plattform ist Instagram besonders dafür geeignet, Architekturprojekte und deren Kontext in die Öffentlichkeit zu tragen. In keinem anderen Medium kann der gestaltende Architekt autark entscheiden, was von seinem Werk gezeigt wird und wie.


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