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Das Leipziger Grassimuseum widmet sich der geheimen Kunst des Polsterns.
Sofa, Bocca, Entwurf: Studio 65, 1971, Gufram, Balangero, LÖFFLER COLLECTION, Reichenschwand © LÖFFLER COLLECTION, Reichenschwand

Das Sitzen auf einer harten Bank kann schnell zur Tortur werden. Und so mancher Stuhl wird ohne Auflage zur schmerzhaften Zumutung. Hier hilft nur eines: Polsterung. Dass Möbel gepolstert sind, scheint selbstverständlich zu sein. Polsterungen, so glauben wir, gibt es schon immer. Als mehr oder weniger beständige Begleiter des Alltags sind empfinden wir gepolsterte Sitzgelegenheiten als komfortabel, behaglich und gemütlich. Im Unterschied zu ihren harten Geschwistern besitzen ein spezifisches Design, behaupten oder schaffen Status. Über ihr Innenleben indes machen wir uns wenig Gedanken. Dabei gleicht der Blick ins verborgene Innere gepolsterter Stühle, Sessel und Sofas einer Reise in die geheime Welt geschnürter und gefederter Konstruktionen, die sich als handwerkliche Meisterwerke erweisen. Nicht zu vergessen: Eine gute Polsterung macht ein Produkt nachhaltig.

Mit der von Dr. Thomas Schriefers kuratierten Ausstellung „Besessen. Die geheime Kunst des Polsterns“ erkundet das Leipziger Grassimuseum vom 25.November bis zum 26. März 2023 die entsprechenden Möbel und ihr Innenleben. Sinnlich und spielerisch soll Wissenswertes vermittelt, zum vergleichenden Probesitzen eingeladen und dargestellt werden, warum das Polstern immer auch Teil einer Kultur- und Sozialgeschichte ist. Dazu werden mehr als 100 Polstermöbel der vergangenen 400 Jahre vorgestellt, „vom Renaissance-Stuhl über den Ratssessel des frühen 17. Jahrhunderts, vom ersten Fitnessgerät Chamber Horse des späten 18. Jahrhunderts bis zum bewunderten Designobjekt und den Experimenten der letzten Jahrzehnte“. Die Polstermöbel herausragender Gestalterinnen und Gestalter korrespondieren dabei mit anschaulichen Modellen, Textilien, Film- und Bilddokumenten, die die Geschichte des Polsterns nachzeichnen.

Die Schau im Grassimuseum beginnt mit einer thematischen Einführung in die geheime Welt des Polsterns. Der folgende, über einen abgedunkelten Klangtunnel erreichbare Teil, macht handwerkliches Schaffen akustisch erlebbar. In einen großen Aktionsraum können Besucherinnen und Besucher sodann verschiedene Polstersessel, die nicht aus Museumssammlungen stammen, selbst ausprobieren – was nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht ist. Wie sitzt man auf einem flachen Polster, gefedert oder ungefedert? Wie auf Schaumstoff im niedrigen Cocktail-Sessel oder im ausladenden Salonmöbel? In der Orangerie bestimmen dann Fragen nach Ansprüchen, Moden und Vorlieben die Auswahl der Exponate. Gezeigt werden hier bedeutende Polsterstühle des 20. Jahrhunderts aus der Löffler-Collection. Über 70 Objekte aus der museumseigenen Textilsammlung geben zudem einen Überblick über 500 Jahre Bezugstoffe und Posamente als wichtigem Bestandteil von Polstermöbeln. Zur Ausstellung erscheint eine umfangreiche Publikation in deutscher und englischer Sprache.


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