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Der junge spanische Hersteller Bõln setzt bei der Gestaltung seiner Produkte auf ein innovatives Material aus biobasiertem Polyurethan. Die vielseitig einsetzbaren, modularen Möbel und Elemente bestehen zu 90 Prozent aus pflanzlichen Abfällen und zeigen das Potenzial von Kreislauffähigkeit und Funktionalität in der Möbelproduktion.

von Kathrin Spohr

Bõln, ein junges Unternehmen aus Saragossa, Spanien, das Möbel aus dem speziell entwickelten Pflanzenabfallmaterial „Flexyskin“ herstellt |  © Bõln

Bõln – fast klingt der Name urdeutsch. Wäre da nicht die spanische Tilde, dieses wellenförmige Zeichen, das da über dem „o“ schwebt. Bõln ist ein Kunstwort. Kurz und knapp wird es zum einprägsamen Markennamen. Und so ergibt es Sinn: Denn Bõln nennt sich ein junges Unternehmen aus dem spanischen Saragossa, das Möbel aus einem eigens kreierten Material aus Pflanzenabfällen, genannt Flexyskin, herstellt und damit den Markt aufmischt: Nicht nur, weil Bõln ein Paradebeispiel für die Möglichkeiten grüner Technologien ist. Flexyskin überzeugt als leistungsfähiges Material, das selbst höchste Ansprüche an Möbel im öffentlichen Außenraum erfüllt. Auch das moderne, unkomplizierte Design der Marke beeindruckt: Es ist farbenfroh, komfortabel, weich, modular, vielseitig gedacht und zirkulär. 

Die technische Entwicklung von Flexyskin® hat fünf Jahre gedauert |  © Bõln

Expertise und Pioniergeist

Im Jahr 2020 launcht der Ingenieur Fernando Rivas die Marke Bõln – mit der Erfahrung und dem Wissen aus dem väterlichen Unternehmen Poliuretanos Rivas im Gepäck, wo der heute 49-Jährige nach seinem Studium als Produktionsleiter begann.  Poliuretanos Rivas ist ein renommierter spanischer Hersteller, seit mehr als 40 Jahren spezialisiert auf die Fertigung von Komponenten aus Polyurethanschaum. Damit verwundert es kaum,dass die Geschichte der jungen spanischen Brand mit einer eigenen Materialinnovation beginnt: Flexyskin, einem umweltfreundlichen Polyurethanschaum aus Grünabfällen. „Wir haben nach einem Material geforscht, das mit Polyurethanen verwandt ist und im Außenbereich sowie bei starker Beanspruchung genutzt werden kann“, erzählt Fernando Rivas. „Die technische Entwicklung hat fünf Jahre gedauert. Als wir feststellten, dass Flexyskin robust genug war und unsere Erwartungen erfüllte, beschlossen wir, mit Bõln an den Start zu gehen – obwohl die Covid-Pandemie unser aller Leben zu der Zeit stark im Griff hatte.“ 

Nordisch schlicht und mediterran lebendig

Aus dem innovativen Stoff entstehen softe Sitzmöbel, die sich als Solitäre oder im Ensemble, als Interior-Objekte oder unkomplizierte Add-ons formschön, nachhaltig und funktional in jede architektonische Umgebung einfügen – drinnen wie draußen. Es ist diese Leichtigkeit gestützt von einer progressiven Philosophie, die das Unternehmen und seine Produkte so bemerkenswert machen. Oder, in Fernando Rivas‘ Worten: „Bõln verbindet die Schlichtheit des nordischen Designs mit spanischer Leidenschaft, Lebendigkeit und Seele.“ Er bringt es auf den Punkt, denn die Möbel entstehen zusammen mit international angesagten Designstudios aus Schweden und Spanien: Studio Mattias Stenberg aus Stockholm, Stone Designs aus Madrid oder Nacar Design aus Barcelona. Sieben Kollektionen – darunter eine speziell für Kinder – sind seit 2020 zusammengekommen, die bereits weltweit öffentliche und gemeinschaftlich genutzte Räume für eine klimafreundlichere Zukunft energetisieren. 

„Flexyskin ist ein flexibles Polyurethan auf Biomasse-Basis. Im Prinzip kommen drei Bestandteile zusammen: biobasierter Weichschaum, eine äußere Membran und Farbe.“


– Fernando Rivas von Bõln

Flexyskin vereint zahlreiche Qualitäten: Es ist industriell produzierbar, wetter- und wasserbeständig, weich, warm, hat eine antifungale und antibakterielle Oberfläche |  © Bõln

Moderne Materialtechnologie

Flexyskin ist ein Meilenstein in Sachen Nachhaltigkeit: Mit der Herstellung wird Pflanzenabfall – ein CO2-neutraler, bisher kaum genutzter Rohstoff – in einen hochwertigen, vielseitigen Werkstoff verwandelt. Somit reduziert Flexyskin nicht nur die Abhängigkeit von Erdöl, sondern leistet einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft. „Flexyskin ist ein flexibles Polyurethan auf Biomasse-Basis. Im Prinzip kommen drei Bestandteile zusammen: biobasierter Weichschaum, eine äußere Membran und Farbe. Alle sind Polyurethane. Der Schaumstoff ist nachhaltig und recycelbar, die anderen beiden Stoffe machen jedoch nur 10 Prozent des Endprodukts aus. Bei der Farbe handelt es sich um eine hauchdünne Schicht, die sehr effizient ist. Somit besteht unser Endprodukt zu 90 Prozent aus pflanzlichen Abfällen“, erklärt Rivas.

Doch so simpel die Komposition des Materials klingt: Flexyskin ist das Ergebnis jahrelanger Forschung und Entwicklung. Die Schwierigkeit bestand darin, biologische Rohstoffe mit moderner Materialtechnologie zu vereinen, um ein Produkt zu schaffen, das gleichermaßen nachhaltig ist und höchsten funktionalen Ansprüchen an Haltbarkeit, Flexibilität und Beständigkeit gerecht wird.

SAREK Kollektion – Die Marktinnovation von Flexyskin® liegt in der erfolgreichen Transformation von Abfallstoffen in ein leistungsstarkes Produkt |  © Bõln

Innen weich, außen widerstandsfähig

Pflanzenabfälle an sich stellen schon eine besondere Problematik dar: Ihre chemische Zusammensetzung ist heterogen und variiert stark. Unterschiede in Fasern, Zellulose- und Ligninanteilen sowie mögliche Verunreinigungen erschweren eine gleichbleibende Verarbeitung. Innovative Verfahren waren nötig, um diese Rohstoffe so aufzubereiten, dass sie die gewünschten Eigenschaften wie Elastizität, Flexibilität und Langlebigkeit zuverlässig aufweisen. „Die größte Herausforderung bestand jedoch darin, die Weichheit des Materials für Sitzgelegenheiten im Outdoor-Bereich zu erzielen“, berichtet Fernando Rivas. Um Pflanzenabfälle beispielsweise in ein formbares und haltbares Material umzuwandeln, müssen Bindemittel verwendet werden. Das Finden eines umweltfreundlichen Bindemittels, das keine synthetischen Chemikalien enthält und dennoch die mechanischen Eigenschaften verbessert, war entscheidend.  Ein Balanceakt zwischen Wissenschaft, Technologie und Nachhaltigkeit. Das Pflanzenrohmaterial – Maisstärke, Zuckerrohrbagasse oder Cellulose aus Restholz – stammt ausschließlich aus zertifizierten, erneuerbaren Quellen der chemischen Industrie in Deutschland. „Es ist garantiert, dass keine Pflanzen speziell für die Herstellung der Abfälle angebaut werden“, betont Rivas.

Echte Alternative, leistungsfähiger Allrounder

Die Marktinnovation von Flexyskin liegt in der erfolgreichen Transformation von Abfallstoffen in ein leistungsstarkes Produkt. Es lässt sich industriell produzieren und verarbeiten,  kann es mühelos mit konventionellen Schaumstoffen aufnehmen: Trotz des robusten Aussehens ist der Schaumstoff weich und anpassungsfähig – und bietet so maximalen Sitzkomfort. Er ist nicht entflammbar, hat antibakterielle und antifungale Oberflächen, ist wetter- und wasserbeständig. Herkömmlicher PA-Schaum ist zwar auch beständig und formbar. Sein großer Nachteil: Er lässt sich bisher nur schwer recyceln. Bedenkt man, dass der weltweite Markt für Polyurethanschaum bis 2032 laut der Plattform Fortune Business Insights jährlich um eine Rate von 6,9 Prozent anwachsen soll, wird die Bedeutung von Flexyskin hinsichtlich des Klimaschutzes noch klarer: „Seitdem wir das Material auf den Markt gebracht haben, werden wir mit Anfragen unterschiedlicher Branchen überhäuft! Inzwischen arbeiten wir bereits an der Entwicklung zahlreicher neuer Produkte für Drittfirmen“, sagt Rivas.

Die VISTAS-Kollektion ist so konzipiert, dass sie eine Vielzahl von Sitzkonstruktionen und -anordnungen ermöglicht |  © Bõln

Skalierbare Möbel 

Die sanft abgerundeten Möbel und Module von Bõln verstehen sich als progressive Antwort auf heutige Bedürfnisse moderner, gemeinschaftlich genutzter Umgebungen. Sie fügen sich sowohl in lockere, informelle Bereiche als auch in anspruchsvolle, architektonische Räume ein. Jedes Setting kann individuell und jederzeit neu gestaltet werden. Durch zahlreiche Farboptionen und Zubehör wie Paneele, Tische und Arbeitsstationen. Die vielseitigen Dimensionen der Bõln-Möbel kommen in einer Kollektion des schwedischen Designers Mattias Stenberg zum Ausdruck: Die Elemente seiner farbstarken VISTAS Kollektion sind so konzipiert, dass sie eine Vielzahl von Sitzstrukturen und -anordnungen ergeben – freistehend, in Reihen oder im 360°-Arrangement. Die Module können dazu auf dem Boden, schlanken Beinen oder einer Plattform platziert werden. Durch diese Optionen lassen sich lockere und fluide oder skulptural und beständige Erscheinungsbilder kreieren.

„Unser Ziel war es, ein Material zu schaffen, das sich optimal an moderne Anforderungen anpassen lässt. Nachhaltig, vielseitig und spielerisch zugleich“


– Fernando Rivas von Bõln

Individuelle Sitzstrukturen

Was ist als nächstes von Bõln zu erwarten? Fernando Rivas: „Mehr Nachhaltigkeit! Wir arbeiten an einem Aktionsplan zur konsequenten Verbesserung aller Abteilungen und Produkte. Dazu gehören neue interne Verfahren, um fossile Materialien zu ersetzen, die Senkung des Energieverbrauchs im Unternehmen, z. B. durch den Ausbau der Solaranlagen und durch Nutzung effizienterer Gießformen. Unsere neuen Produkte werden noch mehr unter dem Gesichtspunkt nachhaltigen Designs eingeführt.“ 

Was komplex klingt, kann im Ergebnis verblüffend minimal sein, jedoch maximale Funktionsvielfalt bieten. Wie etwa die Sitzauflage SLIM von Stone Designs, die gerade auf der Orgatec 2024 in Köln vorgestellt wurde. Die Sitzkollektion basiert lediglich auf einem kleinen Flexyskin-Element. Sowohl als individueller ergonomischer Sitz befestigt auf Bank und Hocker oder als Sitzkissen für den Fußboden oder Tribünen – SLIM dockt sich an bestehende Möbel oder Architekturen an und schafft weiche Sitzmöglichkeiten für bleibende oder temporäre Aufenthaltsorte. 

„Unser Ziel war es, ein Material zu schaffen, das sich optimal an moderne Anforderungen anpassen lässt. Nachhaltig, vielseitig und spielerisch zugleich. Und  wegen ihrer abgerundeten Formen sind die Möbel auch bestens für Kinder oder alte Menschen geeignet“, kommentiert Fernando Rivas. „Kurzum: Wir arbeiten an einer softeren Welt!“    

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