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Das Event am 11. März im Hospitalhof Stuttgart hat gezeigt: Design ist ein wichtiger Schlüssel zur Kreislaufwirtschaft. Inspirierende Keynotes, Talks und Panels haben bewiesen, dass Nachhaltigkeit und Wachstum einander nicht ausschließen. Doch was braucht es jetzt? Neue Geschäftsmodelle, interdisziplinäre Zusammenarbeit und klare politische Rahmenbedingungen. Rückblick auf ein Event, das Lösungen in den Fokus stellte.

von Katharina Hempel

Der Circular Design Summit fand am 11. März im Stuttgarter Hospitalhof statt | Foto: Lena Everding
Katie Morgenroth, Head of Sustainable Design bei Google | Foto: Lena Everding
Ins Gespräch vertieft: Steffen Erath, Head of Innovation and Sustainability bei Hansgrohe und Daniela Bohlinger, verantwortlich die Nachhaltigkeits-strategie für das BMW Group Design | Foto: Lena Everding

„Abfall ist ein Designfehler.“ Als Moderatorin Ines Marbach dieses Zitat von William McDonough  in der Begrüßungsrede des Circular Design Summit 2025 zitiert, nicken viele. Fast 200 Gäste sind der Einladung des German Design Council gefolgt und am 11. März  in den Hospitalhof Stuttgart gekommen, um genau darüber zu diskutieren: Wie kann Design die Transformation zur Kreislaufwirtschaft vorantreiben? Schnell wird klar: Wachstum und Nachhaltigkeit müssen keine Gegensätze sein – aber sie erfordern ein radikales Umdenken. Dabei bedarf  bedarf es mehr als nur Recycling. Es braucht neue Geschäftsmodelle, eine veränderte Denkweise in der Industrie und klare politische Rahmenbedingungen. 

Design als Schlüssel zur Kreislaufwirtschaft

Ob Produkte langlebig, reparierbar oder kreislauffähig sind, wird bereits im Design entschieden. Katie Morgenroth, Head of Sustainable Design bei Google, formulierte es noch präziser: „Designer*innen sind Problemlöser. Und Nachhaltigkeit ist das größte Problem unserer Generation.“

Doch die aktuellen wirtschaftlichen Mechanismen belohnen nicht Langlebigkeit, sondern Verschleiß. Hersteller verdienen am Neuverkauf statt an der Reparatur. „Die Realität in vielen Unternehmen ist eine Mogelpackung: Viel Profit, wenig Planet und People. Wir müssen umdenken – zuerst den Planeten in den Fokus rücken, dann die Menschen, dann den Profit“, erklärte Steffen Erath, Head of Innovation and Sustainability bei Hansgrohe. Unternehmen, die heute nachhaltige Strategien umsetzen, sichern sich den Marktvorteil von morgen. Dazu gehört laut Erath aber auch der Wandel „von Competitive Advantage zu Collaborative Advantage – nur gemeinsam können wir echte nachhaltige Innovationen vorantreiben.”

Ohne klare gesetzliche Vorgaben bleibt es oft bei freiwilligen Insellösungen. Dabei beweist der Circular Design Summit 2025, dass Kreislaufwirtschaft wirtschaftlich tragfähig ist. Doch statt Greenwashing braucht es neue Konzepte: Pfandsysteme statt Subventionen, Produktnutzung statt Besitz, kooperative Wertschöpfung statt linearer Lieferketten.

Die fünf wichtigsten Erkenntnisse des Circular Design Summit 2025:

  • Interdisziplinäre Zusammenarbeit als Schlüssel: Unternehmen müssen kooperieren, oft sogar mit Wettbewerbern, um nachhaltige Lösungen zu entwickeln. „Kreisläufe schließen geht nicht alleine, es braucht Kooperationen weit über die Unternehmensgrenze hinaus“, betont Anna Blattert, Circular Technologist bei FREITAG, die mit Kollegen von HEYtex und Covestro das gemeinsame Projekt “Circular Tarp” vorstellte. Nur durch den Austausch von Wissen und gemeinsamen Fortschritt kann die Transformation gelingen.
  • Technologie als Enabler: Nachhaltige Innovationen erfordern ein tiefes Verständnis der Systeme, in denen sie wirken. „Wir brauchen ein Systemverständnis, müssen es abbilden und quantifizieren können“, fordert Pina Schlombs von Siemens Digital Industries Software deutlich. Nur durch datenbasierte Entscheidungen lassen sich sowohl Herausforderungen als auch Chancen identifizieren, fundierte Entscheidungen treffen und gezielte Investitionen tätigen.
  • Zirkularität erfordert systemische Veränderungen: Geschäftsmodelle müssen von linear auf kreislauffähig umgestellt werden. „Nicht nur Materialien müssen sich ändern, sondern auch die Prinzipien, nach denen wir Wirtschaft denken”, sagt Markus Kühlert, Co-Leiter Forschungsbereich Produkt- und Konsumsysteme am Wuppertal Institut. „Wir müssen anfangen, innerhalb unserer planetaren Grenzen zu wirtschaften, so wie es Kate Raworth mit ihrem Konzept der Donut-Economy vorschlägt. Wenn wir es schaffen, innerhalb dieses Donuts zu wachsen und zu innovieren, kann auch unsere Wirtschaft wachsen.”
  • Bildung als Hebel für die Transformation: Kreislaufprinzipien müssen fester Bestandteil von Ausbildung und Weiterbildung werden. Wie Dr. Max Marwede, Circular Design Lead & Researcher am Fraunhofer IZM, stellt klar: „Die Probleme, vor denen wir stehen, kann nicht nur eine Disziplin lösen. Wir brauchen Übersetzer, die zwischen den Disziplinen vermitteln. Designer hätten diese Kompetenz und dieFähigkeiten, das zu tun.“
  • Pragmatisches Handeln und Best Practices: Unternehmen dürfen nicht auf Regularien warten, sondern müssen aktiv nachhaltige Lösungen umsetzen. Das unterstreicht auch Marco Schoneveld, Geschäftsleiter Deutschland bei Vepa: „Der Wille, es zu machen, ist entscheidend. Wenn die Geschäftsführung das verankert, geht viel voran. Nachhaltigkeit ist eine Reise in die Zukunft. Du musst nicht morgen ankommen, sondern einfach anfangen.“
Lutz Dietzold, Geschäftsführer des German Design Council

Verbindliche Rahmenbedingungen für eine zirkuläre Wirtschaft

Der Circular Design Summit 2025 hat eindrücklich klar gemacht, dass zirkuläre Geschäftsmodelle bereits heute Erfolg haben – wenn die richtigen Rahmenbedingungen gegeben sind. Statt weiterhin lineare Produktion zu subventionieren, müssen Steuererleichterungen und Marktvorteile für Unternehmen geschaffen werden, die auf langlebige, reparierbare Produkte setzen. Erfolgreiche Modelle wie das niederländische Circular Economy-Programm zeigen, dass klare gesetzliche Vorgaben den Wandel beschleunigen können.

Politik muss Kreislaufwirtschaft belohnen

Ab 2027 tritt die EU-Ökodesignrichtlinie in Kraft. Sie könnte ein Meilenstein werden – oder zahnlos verpuffen, wenn Unternehmen sie nur als Compliance-Thema behandeln. „Kreislaufwirtschaft ist nicht nur ein Design- oder Nachhaltigkeitsthema, sondern eine wirtschaftliche Notwendigkeit“, resümiert Lutz Dietzold, Geschäftsführer des German Design Council, das den Circular Design Summit veranstaltet hat. „Doch wir müssen uns entscheiden: Wollen wir weiter Ressourcen verschwenden oder ein System schaffen, das Wertschöpfung neu definiert?“ Fest steht: Nur durch einen systemischen Wandel kann eine funktionierende Kreislaufwirtschaft Realität werden. Der Circular Design Summit hat einen Teil dazu beigetragen, damit das gelingen kann. Gemeinsam.

Circular Design Summit 2025 | Fotos: Lena Everding

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