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Brandt Brauer Frick 2021
Brandt Brauer Frick 2021 Press Pic. Foto: Antonio Pedro & Megan Courtis © BBF

Die Gruppe Brandt Brauer Frick verbindet Technobeats mit den Klängen klassischer Instrumente. Visuell präsentieren sich die Künstler vielseitig – aber betont ernsthaft. Wir sprachen mit Daniel Brandt über die Ästhetik und das Branding der Band.

Interview: Gerrit Terstiege

Nachgefragt: Im Gespräch mit Daniel Brandt von Brandt Brauer Frick

Herr Brandt, lassen Sie uns mal einen Sprung machen, zurück in das Jahr 2008, in dem sich „Brandt Brauer Frick” gegründet hat. Hatten Sie drei damals schon eine Vorstellung, wie Sie sich als Band präsentieren wollen?

Ja, denn wir mussten schon bald nach der Gründung visuell etwas vorbereiten, um die Band nach draußen zu bringen. Wenn man zum Beispiel Gigs organisiert, ist es sehr wichtig, ein klares visuelles Konzept zu haben. Und das erstreckt sich zum Beispiel auch auf die Kleidung. Bei uns erklären sich die Anzüge, die wir tragen, aus unserer Affinität zu Kraftwerk. Musikalisch sind wir eigentlich genau das Gegenteil der Düsseldorfer Band, aber vom Look her fanden wir sie ziemlich interessant, ihre übertriebene Ernsthaftigkeit.

Bei Fotosessions oder Auftritten tragen Sie oft Anzüge und Krawatten. Aber nicht wie die frühen Beatles oder Kraftwerk in der Mensch-Maschine-Phase – einheitlich – sondern jeder trägt immer einen anderen und andersfarbigen Anzug. Warum?

Es geht uns nicht um einen Gesamtlook. Sondern wir tragen Sachen, die wir sowieso schon haben und die zu jedem von uns individuell passen.

Aber genau so etwas muss man ja auch konstruieren und sich dann absprechen, für Auftritte und Fotosessions …

Klar!  (lacht) Das wird natürlich abgesprochen und beim Gig haben wir immer verschiedene Sachen dabei, damit nicht alle drei graue Krawatten tragen oder zum Beispiel auch mal einer keine. Aber für das Album „Miami” hatten wir wirklich mal Stylisten engagiert aus Berlin, die mit uns einkaufen gegangen sind, weil wir einen speziellen Look aus den Zwanzigerjahren kreieren wollten.

Wenn ich mir Ihre Website, Ihre Albumcover und die Postings auf Instagram anschaue, scheint mir, dass Sie das Konzept einer Liquid Identity verfolgen: Es gibt keine strenge Fotosprache, kein einheitliches grafisches Programm. Sie setzen vielmehr auf stilistische Vielfalt, auf überraschende Visuals. Ist das richtig?

 Absolut. Wir verfolgen mit jedem Album einen neuen Stil.

Schon über 10 Jahre her: Brandt Brauer Frick auf der Bühne des Designpreis Deutschland

10 Jahre German Design Award, 10 Jahre Designgeschichte
Wegweisende Gestaltung, exzellente Projekte und Produkte, junge Talente und das Who is Who der Designbranche – seit zehn Jahren zeichnet der Rat für Formgebung mit dem German Design Award herausragende Leistungen aus. In unserer Beitragsreihe stellen wir Persönlichkeiten und Projekte vor, die uns in 10 Jahren German Design Award auf verschiedene Weise begleitet haben.

Sie entwickeln also sozusagen projektbezogen Brandings, samt einer zeitlich limitierten Kohärenz zwischen der Bühnenpräsentation, dem Albumcover und der Art, wie Sie sich kleiden. Aber bei aller Vielfalt gibt es auch Konstanten. Zum Beispiel nehmen Sie auf Bandfotos immer die gleiche Position ein, die der Reihenfolge Ihrer Namen im Bandnamen entspricht. Also: Brandt links, Brauer Mitte, Frick rechts. Aber warum haben Sie eigentlich Ihre Nachnamen zum Bandnamen gemacht?

Das fanden wir einfach cool, weil es klingt wie eine Anwaltskanzlei – so ernsthaft mit den drei deutschen Namen. International betrachtet, haben leider viele Leute Probleme, sich den Namen zu merken oder gar auszusprechen. Da habe ich manchmal schon gedacht: Ah, hätten wir doch nur mal ein Wort genommen! (lacht)

Brandt Brauer Frick - You Make Me Real, 2010
You Make Me Real, 2010. Studio !K7 © BBF
Mr. Machine
Mr. Machine, 2011. Studio !K7 © BBF
Brandt Brauer Frick - Miami
Miami, 2013. Studio !K7 © BBF

Und sollte irgendwann einer von Ihnen aussteigen, wird es natürlich heikel. Als bei der britischen Band Emerson, Lake & Palmer, die auch unter ELP firmierte, Carl Palmer ausstieg, musste sie einen neuen Drummer finden, dessen Nachname ebenfalls mit P beginnt – sie fanden ihn in Cozy Powell. So konnte es unter dem Label ELP weitergehen.

Das ist ja verrückt. Aber für uns existiert das Ganze ja nur mit uns Dreien. Das heißt, wenn einer ausstiege, würde es das Bandprojekt einfach nicht mehr geben. Unsere Musik ist ja genau so, wie sie ist, weil wir drei sie machen.

Mir ist noch eine Besonderheit beim Namen „Brandt Brauer Frick” aufgefallen: der zweite Buchstabe in allen drei Namen ist ein R. Das hält sie in gewisser Weise zusammen. 

Das war Glück. Wenn wir einen Ersatz suchen würden, müssten wir also jemanden finden, der ein R an zweiter Stelle im Nachnamen hat … (lacht)

Viel Spaß bei der Suche! Aber Sie bleiben ja hoffentlich noch lange zusammen. Berät Sie eigentlich jemand hinsichtlich Fotosprache, Typo, Farben?

Nein, das machen wir alles selbst. Ich komme aus einer visuellen Richtung und deswegen habe ich immer großen Spaß daran, so etwas zu entwickeln. Aber wir beraten jeweils zusammen, was wir am liebsten wollen und diskutieren, was geht und was nicht. Dann suchen wir uns die entsprechenden Grafiker/innen oder Künstler/innen, die mit uns die Cover umsetzen. Wir wollen diesen Prozess gemeinsam steuern.

Suchen Sie sich jeweils neue Kreative, für jedes neue Album?

Absolut, ja. Mit ein paar Leuten haben wir auch mehrfach gearbeitet. Unsere nächste EP, die im Mai herauskommt, ist vom Stil her ganz anders, als das, was wir bisher gemacht haben. Sehr bunt und total chaotisch. Da haben wir uns jemanden gesucht, der das auch visuell transportieren kann. Das Cover sieht hyperreal und super modern aus.

Diskutieren Sie als Band auch so etwas wie Updates Ihrer Musik, Ihrer Marke … mit dem Ziel aktuell zu bleiben?

Wir sprechen schon konkret darüber, wie wir uns nach außen darstellen. Aber da geht es nicht unbedingt immer nach dem allerneusten Trend – auch visuelle Stile der Vergangenheit können uns inspirieren.  

Denken Sie auch über so etwas wie Ihre Zielgruppe nach?

Wir haben eigentlich erst vor Kurzem angefangen, darüber nachzudenken. Die Musiklandschaft hat sich stark verändert durch das Streaming. Dadurch bekommt man Rückmeldungen mit Zahlen und Statistiken, das hat schon eine gewisse Wirkung auf uns. Früher hat man ja keine Ahnung gehabt, was sich wie verkauft. Man hat einfach eine Platte in den Laden gestellt – dann stand die da und es war cool! Was von der Musikbusiness-Seite an uns herangetragen wird, sich bestimmten Richtungen anzupassen, damit man bei den richtigen Zielgruppen ankommt – das versuchen wir nicht so ernst zu nehmen. Aber man kann zum Beispiel mit Remixes arbeiten oder auch andere Leute können Bearbeitungen unserer Songs machen. So können wir in bestimmte, neue Richtungen gehen und trotzdem unsere Freiheit behalten, das zu machen was wir wollen.

Brandt Brauer Frick - Joy
Joy, 2016. Because Music © BBF
Echo
Echo, 2019. Because Music © BBF
3535 MEMORY
3535 MEMORY, 2021. Because Music © BBF

Von Künstlern und Musikern, Künstlerinnen und Musikerinnen wird oft erwartet, dass sie keine Erwartungen erfüllen und ihr Publikum überraschen …

Genau. Wir haben mal zwei Alben herausgebracht, bei denen wir überhaupt nicht darauf geachtet haben, was irgendwer wollen würde. Wir haben einfach gedacht: Wir machen jetzt alles und können uns in alle Richtungen entwickeln. Das war aber auch ein gewisser Backlash für uns. Aber wir haben das gebraucht. Überraschungen gehen wohl nur, innerhalb bestimmter Grenzen. Wenn meine Lieblingsband Radiohead morgen ein Death Metal Album rausbringen würde, hätte ich da auch keinen Bock drauf.

Man darf als Band den Weg nicht verlieren – also nicht zu stark abweichen, von dem, wofür man bekannt ist oder wofür man steht. Es wird ja auch eine Haltung erwartet. Wie ist das zum Beispiel mit kommerziellen Aufträgen? Wenn ein Unternehmen auf Sie zukommt, das ein Soundlogo möchte. Wie würden Sie damit umgehen?

Das kommt natürlich erstmal auf das Unternehmen an – ob das was ist, mit dem wir was anfangen können. Wir haben schon öfter solche Anfragen bekommen und teilweise auch an solchen Sachen gearbeitet. Bei den ersten Projekten dachte ich: Okay, jetzt können wir denen mal zeigen, was „edgy“ ist. Aber man kann einem Unternehmen nicht sein eigenes Verständnis von Ästhetik überstülpen. Man muss sich eher überlegen: Für was steht die Firma, die anfragt? Wenn die Auftraggeber „edgy“ sagen, kann es sein, dass sie etwas meinen, das nach meinem Verständnis nur zehn Prozent „edgy“ ist … (lacht) Aber man lernt in solchen Projekten eine Menge: wenn man etwas macht, das man nicht einfach aus sich heraus machen würde. Man arbeitet dann gezielt auf etwas hin. Aber Briefings für spezielle Sounds, die zu einem Branding passen sollen, sind manchmal heikel. Es ist ja immer schwierig über Musik in der Theorie zu sprechen. Jeder hat eine andere Auffassung. Jemand sagt dann: Ich hätte es gern so ein bisschen „warm“ und „family“. Wenn man nicht die gleichen Referenzen hat, kann das Ergebnis stark abweichen von dem, was eigentlich erwartet wird. In Agenturen wollen oft viele Leute mitreden. Mir wurden mal bei einem Meeting diese Stichworte zugeworfen: family, warm, edgy, young, street, electronic, tradtional. Da habe ich gesagt: Okay, was ist das für ein Lied? Das gibt es gar nicht, dieses Lied! (lacht)

Mehr über Brandt Brauer Frick

brandtbrauerfrick.de, die offizielle Website der Band.

Brandt Brauer Frick auf YouTube und auf Instagram.

Brandt Brauer Frick – Ocean Drive (Live At Sala Simón Bolívar Caracas 2020) (Official Video)


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