

Krankenhäuser zu planen und zu bauen setzt besonderes Fachwissen voraus. Hat sich der architektonische Typus lange Zeit eng an den Erfolgen und Erkenntnissen der medizinischen Forschung entlang entwickelt, so wurde der Krankenhausbau im 20. Jahrhundert immer stärker von Faktoren wie Effizienz, Ökonomie und Rationalisierung geprägt. Mit dem Ergebnis: Aus Kliniken sind hoch technisierte Maschinen geworden, grundlegende Aspekte der menschlichen Würde, der Bedürfnisse und Empfindungen Kranker und Pflegender aber in den Hintergrund getreten. Seit den 1980er Jahren haben sich in Amerika Ansätze zu einer „Healing Architecture“ entwickelt, die inzwischen auch in Europa die Diskussion um eine notwendige Reform des Krankenhausbaus beeinflussen und den kranken Menschen wieder verstärkt ins Zentrum von Entwurf und Planung rücken. Trotz einiger Erfolge, so die Einschätzung, fehle es einer „heilenden Architektur“ an einer breiteren öffentlichen Aufmerksamkeit und der politischen Unterstützung, um die „Ergebnisse des ,Evidence-Based Design‘ in der vollen Konsequenz bei Neubauten und Umbauten von Kliniken anzuwenden“.
Die Ausstellung „Das Kranke(n)haus – Wie Architektur heilen hilft“ im Architekturmuseum der TU München in der Pinakothek der Moderne will sich vom 12. Juli bis zum 21. Januar 2024, so die Ankündigung, kritisch „mit den wissenschaftlichen Grundlagen der sogenannten ,heilenden Architektur‘“, mit „ihrer Wirksamkeit und den Wegen und Hürden ihrer Realisierbarkeit“ auseinandersetzen. Dabei gehe es sowohl um eine „Standortbestimmung der aktuellen Bestrebungen, vom ,kranken‘ Haus zu einer gesunden Umgebung zu kommen“, als auch um den Versuch, „neue Perspektiven in eine radikalere, visionäre Zukunft zu öffnen“. Anhand einer Auswahl herausragender Beispiele soll „das produktive Wechselspiel von medizinischer, technischer und ökonomischer Anforderung und architektonischer Baukunst“ nachgezeichnet werden.
Der Frage, wie Architektur heilen hilft, nähert sich die Schau in drei Abschnitten: Experiment – Evidenz und – Exchange (Austausch). Vorgestellt werden unter anderem das „REHAB“ in Basel von Herzog & de Meuron (2002), die „Maggie’s Cancer Caring Centres“ von Zaha Hadid (2006), OMA (2011) und Poster + Partners (2015). Unter dem Stichwort „Evidence Based Design“ werden Projekte an den „heilenden Sieben“ in der Krankenhausumgebung (Orientierung, Geruchskulisse, Geräuschkulisse, Privatheit und Rückzugsraum, Power Points, Aussicht und Weitsicht und Menschliches Maß) gemessen. Im dritten Ausstellungsraum sind Besucher*innen eingeladen, anhand von Vorträgen, Debatten und Workshops in Dialog zu treten, und die Installationen „MAKING SENSE“ der norwegischen Künstlerin und Geruchsforscherin Sissel Tolaas machen „heilende Gerüche“ erfahrbar. Die Schirmherrschaft über die Ausstellung wurde von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach übernommen. Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog in deutscher und englischer Sprache (272 Seiten, 80 Fotos, 40 Grafiken).
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