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© Wilfried Dechau

Weit über Deutschland hinaus berühmt wurde Meinhard von Gerkan schon in jungen Jahren mit seinem Entwurf für den Berliner Flughafen Tegel. Gleich zur Eröffnung 1974 stellte der Architekturkritiker der „Zeit“ Manfred Sack fest: „Tegel ist in der Tat ein sehr guter Flughafen, der beste in der Bundesrepublik, vermutlich gibt es nirgendwo einen besseren.“ Von Gerkan und sein Kollege Volkwin Marg hatten 1965 gerade ihr Büro gmp gegründet. Jung und noch unerfahren hatten sie am Wettbewerb für den Westberliner Flughafen teilgenommen – und gewonnen. Tegel war ihr erstes Projekt überhaupt, ein „Drive-in-Airport“, bei dem alle Flugsteige um ein Sechseck herum arrangiert waren. Wer mit dem Taxi direkt vor seinem Gate vorfuhr, für den dauerte es aufgrund der dezentralen Abfertigung bis ins Flugzeug oft nur wenige Minuten. Es waren solch einfache, oft aus Geometrien entwickelte Funktionen und Prinzipien, die Gerkan so geschickt einzusetzen verstand, dass daraus viele Freiheiten und eine große Nutzerfreundlichkeit entstand. In der Folgezeit wuchs gmp zu einem der größten deutschen Büros mit heute rund 500 Mitarbeiter*innen auf verschiedenen Kontinenten heran. Meinhard von Gerkan selbst profilierte sich – bauend, schreibend und sprechend – derweil als luzider Kritiker einer in Dogmen erstarrten Moderne.

Meinhard von Gerkan wurde 1935 in Riga geboren. Sein Vater fiel im Krieg, seine Mutter starb kurz nach der Flucht. Seine Jugend verbrachte er bei Pflegefamilien. Er studierte erst Jura und Physik, schließlich Architektur. Mehr als 300 Projekte hat er in den vergangenen Jahrzehnten realisiert: In Hamburg und Stuttgart weitere Flughäfen, in München das Europäische Patentamt, in Hamburg das Hanse-Viertel, in Leipzig die Neue Messe und in Chemnitz die Technische Universität – um nur einige zu nennen. Dass der neue Berliner Hauptbahnhof nicht ganz so realisiert wurde, wie von Gerkan es gewollt hatte, schmerzte ihn. Für das politische Desaster des ebenfalls von gmp geplanten Flughafens BER kann man die Architekten nicht verantwortlich machen.

In den letzten 20 Jahren machten seine Engagements in Asien Gerkan zu einem der ersten deutschen Architekten, die global tätig waren. Zu erwähnen ist hier die Planstadt Nanhui New City bei Schanghai, für die ein fallender Wassertropfen und die sich auf der Oberfläche ausbreitenden konzentrischen Kreise als Metapher und stadtplanerisches Prinzip gewählt wurde. Fast wie eine Gartenstadt entfaltet sich die Stadt in Ringen um einen großen runden See. Mit ihren vielen Grünflächen und kurzen Wegen wurde die inzwischen für 800.000 Einwohner vorgesehene Stadt nicht zufällig zum Vorbild für kluge Planung in den sich rasant verdichtenden Ballungsräumen Asiens.

Am 1. Dezember ist Meinhard von Gerkan im Alter von 87 Jahren in Hamburg gestorben.


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