Mit Gottfried Böhm ist am 9. Juni einer der bedeutendsten deutschen Architekten des 20. Jahrhunderts und eine der prägenden Figuren der Nachkriegsarchitektur im Alter von 101 Jahren in Köln gestorben. Sohn des Architekten Dominikus Böhm (1880 bis 1955), wurde Gottfried Böhm am 23. Januar 1920 in Offenbach am Main geboren und wuchs in Köln auf. Der Vater hatte sich einen Namen als Kirchenbaumeister und Schöpfer fast archaischer Kulträume gemacht, und der Sohn trat in seine Fußstapfen, waren in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg doch viele Gotteshäuser zerstört. Da die Mitgliederzahl der beiden großen Kirchen gleichzeitig stieg, war Geld zum Wiederaufbau oder zu neunen Kirchen reichlich vorhanden.
Böhms Bekanntheit gründet sich auf seine skulpturalen Bauten vornehmlich aus Beton, Stahl und Glas. Sein erster eigenständiger Bau war die Kölner Kapelle „Madonna in den Trümmern“. Als sein Hauptwerk gilt die Wallfahrtskirche in Neviges bei Düsseldorf, die mit ihrer zerklüfteten, kraftvoll und gestisch gen Himmel strebenden Gestalt aus Beton seit ihrer Eröffnung 1968 polarisiert und schon bald den Beinamen „Gottesgebirge“ erhielt. Insgesamt schuf Böhm mehr als 50 sakrale Bauten, darunter auch ganz leichte, helle und beschwingt wirkende, freilich nie unentschieden wirkende Räume. Als Böhms bedeutendster Profanbau gilt das Rathaus von Bensberg bei Köln. Zu den letzten, unter Böhms Beteiligung vollendeten Bauten, zählen das Hans Otto Theater in Potsdam und die DITIB-Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld.
Dass seine Arbeit, obwohl er fast nur in Deutschland gebaut hat, international wahrgenommen und bewundert wurde, beweist, dass er 1986 als erster Deutscher den Pritzker-Preis erhielt, die weltweit wichtigste Architekturauszeichnung. Seinen Söhnen Stephan, Peter und Paul, die allesamt architektonisch und bildkünstlerisch tätig sind und das Architekturbüro des Vaters übernommen oder sich selbständig gemacht haben, hat Gottfried Böhm mit seiner Neigung zu geometrischen Grundformen wie Kreis, Quadrat oder Dreieck auch seine andere, neben das Expressive und Skulpturale tretende, Vorliebe vermacht. 2014 gewährte der Dokumentarfilm „Die Böhms – Architektur einer Familie“ von Maurizius Staerkle Drux erhellende und berührende Einblicke in das schöpferische, dem Zusammenklang von Leben und Arbeiten gewidmete Familiengebäude.
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