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© Vitra

Es gab eine Zeit, da war die Welt voller kleiner Dinge, praktischen und weniger praktischen. Manche wurden einfach geliebt, andere ständig gebraucht; wieder andere waren überflüssig, aber trotzdem da. Manche wurden bewusst gesammelt, andere fanden sich, als seien magische Kräfte im Spiel, plötzlich ein. Alle diese Dinge mussten, sollten sie bei Bedarf zuhanden sein, in eine halbwegs überschaubare Ordnung gebracht werden. Eine Möglichkeit hat die Designerin Dorothee Maurer-Becker 1969 mit ihrem „Utensilo“ geschaffen. Ob in der der größeren oder kleineren Version, ob im Bad, im Büro, im Kinderzimmer oder der Bastelstube, das Silo hält Dies und Das nicht nur geordnet griffbereit, es stellt es auch in schönster Weise aus. Als einer der berühmtesten Kunststoff-Entwürfe der ausgehenden 1960er-Jahre ist das Utensilo längst ein Klassiker. Entstanden ist er eher zufällig: „Begeistert vom Geist der 68er-Bewegung“, so Dorothee Becker, die damals mit dem Lichtdesigner Ingo Maurer verheiratet war, „hatte ich 1968 ein Spielzeug aus Holz entworfen, das aus einer großen Holzplatte mit geometrisch geformten Ausschnitten sowie entsprechenden Gegenstücken bestand.“ Bis 1989 produzierte Becker das ordnende Stück in einer eigenen Firma selbst; seit 2001 wird das Uten.Silo von Vitra hergestellt.

Wie ihre Tochter Claude Maurer über LinkedIn mitgeteilt hat, ist Dorothee Becker, geboren 1938 in Aschaffenburg, bereits am 29. März verstorben. Sie hatte Sprachen in Frankfurt und München studiert; über Aufenthalte in London und Paris übersiedelte sie 1960 nach Kalifornien. Mit ihrem Mann Ingo Maurer kehrte sie nach Deutschland zurück. In dem kurzen Nachruf auf ihre Mutter schreibt Claude Maurer, nachdem sie auf die schwierige Situation einer berufstätigen Mutter hingewiesen hat: „Sie war Feministin und legte großen Wert darauf, dass ihre Töchter nicht zu Mädchen ,in Rosa‘ dressiert wurden. Sie liebte es, lange Spaziergänge in der Natur zu machen und im Winter auf zugefrorenen Seen Schlittschuh zu laufen. Nach der sehr belastenden Scheidung nutzte sie ihren ausgeprägten Sinn für Ästhetik und ihr Talent und eröffnete ein Geschäft in München-Schwabing, da sie ihren Lebensunterhalt und den ihrer Kinder (anteilig) selbst verdienen musste. Ihr Motto war „Praktisch & schön“. Sie bot Dinge für Haus & Garten an, die in den 1970er und 1980er Jahren in Deuschland noch schwer zu finden waren, und kombinierte dies mit einer sorgfältig kuratierten Auswahl an Kunstpostkarten.“ Dorothee Becker sei stolz und glücklich gewesen, als Vitra beschloss, ihr Utensilo neu aufzulegen. Da sie nur eine kleine Rente hatte, seien die Lizenzgebühren eine sehr willkommene Einnahmequelle gewesen.


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