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Kulturgut oder Müllproblem? Es gab durchaus Zeiten, da war die Plastiktüte, in der wir unsere erworbenen Schätze nach Hause getragen haben, vor allem der fröhliche Ausdruck einer prosperierenden Konsumkultur. Ob Dinge des täglichen Gebrauchs, Schnäppchen oder Edles und Erlesenes, alles wanderte ganz selbstverständlich in die Tüte. Da die Plastiktüte auch eine Werbefläche war, haben Unternehmen sie als Kommunikationsmedium ihrer Marken genutzt und für die Gestaltung Künstler oder Grafikdesigner beauftragt. Heute ist die Plastiktüte zu einer massiven Belastung für die Umwelt – fast schon zu einem No-Go – geworden und verschwindet allmählich aus unserem Alltag.
Widmete sich eine Ausstellung im Haus Industrieform in Essen 1980 noch allein der Vielfalt der Darstellung der auf die Tüten gedruckten Markenbotschaften, so stimmt die Ausstellung Adieu Plastiktüte! im Museum der Alltagskultur in Waldenbuch bei Stuttgart nun einen Abgesang auf einen Alltagsgegenstand an, dessen ökologische und gesellschaftliche Bewertung sich radikal verändert hat. Nach kulturhistorischen Kategorien sortiert wird bis zum 3. Juli 2020 eine Auswahl aus rund 50.000 Plastiktüten aus der Zeit von 1968 bis 2010 präsentiert, die aufgrund der Fülle der Exemplare alle vier Wochen wechselt. Zu besichtigen sind gelungene Designs, kuriose Kompositionen und amüsante Werbesprüche; beleuchtet werden aber auch die Fakten der Umweltproblematik. Aus dem Jutebeutel, der zwischenzeitlich Ersatz versprochen hatte, ist heute die hippe „Tote Bag“ geworden, die Gestalter nutzen, um mit Statements oder außergewöhnlichem Design für Aufmerksamkeit zu sorgen.