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Der in Burkina Faso aufgewachsene und von Berlin aus arbeitende Architekt Diébédo Francis Kéré
Prof. Francis Kéré; Professur ‚Architectural Design and Participation‘, Fakultaet für Architektur an der Technischen Universität München (TUM). Foto: Astrid Eckert. Veröffentlicht von Wikimedia Commons. Lizenziert unter einer „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“-Lizenz.

Der in Burkina Faso aufgewachsene und von Berlin aus arbeitende Architekt Diébédo Francis Kéré erhält den Pritzker-Preis 2022, die weltweit bedeutendste Auszeichnung für Architektur. Mit dem 1965 geborenen Kéré zeichnet die Jury einen Architekten aus, der sich afrikanischen Bautraditionen verpflichtet fühlt, sich als deren Anwalt begreift und über den Kontinent hinaus für ihr zukunftsweisendes Potenzial wirbt. Kérés kulturelle Sensibilität, heißt es in der Begründung der Jury, sorge „nicht nur für soziale und ökologische Gerechtigkeit“, sie leite „seinen gesamten Prozess in dem Bewusstsein“, dass dies der Weg sei, ein Gebäude in einer Gemeinschaft zu legitimieren und zu verankern.

Schon als Schüler besserte Francis Kéré an den Wochenenden in der Provinzhauptstadt Tenkodogo Lehmhäuser aus. Mit Fünfzehn begann er eine Lehre als Tischler und zimmerte Schulbänke. Sein Weg zur Architektur führte ihn durch ein Stipendium nach Deutschland, wo er an einem Berliner Abendgymnasium zunächst das Abitur machte und anschließend 1995 ein Architekturstudium an der TU Berlin aufnahm. 2004 machte Francis Kéré sein Diplom. Da hatte die Geschichte seines sozialen Architekturansatzes in seinem Heimatort Gando mit dem Bau der Gando Primary School (2001) bereits begonnen. Die Schule war das erste Projekt der 1998 gegründeten Kéré Foundation e. V. und Kérés erstes Bauwerk überhaupt. Das Projekt steht exemplarisch für seine Vorstellung, mit und für eine Gemeinschaft zu bauen, um grundlegende Bedürfnisse zu erfüllen und soziale Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Der Schulbau wurde mit dem Aga Khan Award for Architecture ausgezeichnet, einem der bedeutendsten Architekturpreise der Welt. In der Folgezeit erweiterte Kéré den Komplex, wobei er neue Ausdrucksmöglichkeiten mit den vor Ort verfügbaren Materialien und Bautechniken fand. Dabei entwickelte er Strategien, die Bauten mittels überstehender Dächer, Windkamine oder vorgelagerter Strukturen an die lokalen Klimabedingungen anzupassen und durch natürliche Ventilation der Aufheizung der Räume entgegenzuwirken.

In Deutschland wurde Kéré auch durch das gemeinsam mit dem 2010 verstorbenen Theaterregisseur Christoph Schlingensief entwickelte Projekt eines Operndorfes in Burkina Faso bekannt. International wurde ihm 2017 durch seinen „Serpentine Pavilion“ große Aufmerksamkeit zu Teil. Mit dem jährlich neu errichteten temporären Bau in den Londoner Kensington Gardens reihte er sich in die internationale Architekturelite ein, wobei er sich die Idee eines Baumes zum Vorbild nahm und ein weit ausladendes Holzdach wie eine Krone um einen Stamm legte. Im Inneren des Pavillons floss Regenwasser und unterstrich die Wasserknappheit in vielen Weltregionen.

„An der Schnittstelle zwischen Utopie und Pragmatismus“, ist auf der Website von Kéré Architecture zu lesen, „schaffen wir zeitgenössische Architektur, die die Fantasie mit einer afro-futuristischen Vision beflügelt“. In den letzten Jahren konnte der Architekt Projekte in zahlreichen, zumeist afrikanischen Ländern wie der Republik Benin, Burkino Faso, Mali, Togo, Kenia, Mosambik, Togo und dem Sudan realisieren. Francis Kéré, der die Arroganz des Westens kritisiert, seine technologischen Errungenschaften eins zu eins in allen anderen Weltteilen anwenden zu wollen, ist vielfach ausgezeichnet worden und hat an den bedeutendsten Hochschulen in Europa und den USA gelehrt. Sein kreativer Umgang mit lokalen Baumaterialien und traditionellen Bauweisen, vor allen Dingen aber sein ressourcenschonendes Bauen und eine nachhaltige Haustechnik haben ihm viel Anerkennung in der westlichen Architektenszene eingebracht.


Der Design Networking Hub

Der Design Networking Hub ist eine von der Stiftung Deutsches Design Museum ins Leben gerufene digitale Wissens- und Netzwerkplattform zur Unterstützung deutsch-kenianischer Kooperationsprojekte im Bereich Design.

Gefördert vom Auswärtigen Amt, ist es die Aufgabe dieses in seiner Entstehung befindlichen Design-Brückenkopfes, initiative Projekte aus den Bereichen Architektur und Design anzustoßen sowie Kreative beider Länder und Kontinente durch konkrete Unternehmungen nachhaltig miteinander zu vernetzen.

Um das Informationsangebot des Hubs maximal nutzer/innenorientiert zu gestalten, entwickelt zunächst eine Pilotgruppe aus fünf deutschen und fünf kenianischen Jungdesigner/innen und -architekt/innen in kleinen Teams neue Produkt-, und Geschäftsideen sowie gemeinnützige Konzepte in den Bereichen Mobilität, Wohnen und Digitalisierung.


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