Starke Marken bieten Orientierung, stehen für Sicherheit und Identität. Doch Markenführung verändert sich: Brands tragen heute mehr Verantwortung denn je und werden damit zu Wegbereiterinnen der Transformation. Wir haben drei Jurymitglieder des German Brand Award 2025 gefragt, warum Markenführung so wichtig ist – und wie Marken mit nachhaltigem Kern zu einer besseren Welt beitragen.
von Julia Gundelach
Die Welt ist im Wandel – und mit ihr die Rolle von Marken: In Zeiten von Krisen, Kriegen und Unsicherheit tragen sie heute mehr Verantwortung als je zuvor. Sie müssen Haltung zeigen, starke Werte vertreten und sich für Gesellschaft und Nachhaltigkeit engagieren. Und das erwarten die Konsument*innen: Auch die aktuelle »Meaningful Brands«-Studie von Havas belegt, dass Purpose allein heute nicht mehr reicht. Vielmehr sollen Marken konkrete Unterstützung leisten. Drei Viertel der Befragten wünschen sich, dass Unternehmen in schwierigen Zeiten Menschlichkeit zeigen und aktiv zur gesellschaftlichen
Verbesserung beitragen. Und das ist mehr als Kommunikation. Das greift auch der German Brand Award 2025 auf und führt mit der »Circular Brand of the Year« eine neue, zukunftsweisende Kategorie ein. Sie zeichnet Marken aus, die Nachhaltigkeit auf visionäre Weise voranbringen und Kreislaufwirtschaft als integralen Bestandteil ihres Handelns verstehen. Warum sind starke Marken und eine wegweisende Markenführung in der heutigen Zeit so wichtig? Inwiefern gehören Themen wie Kreislaufwirtschaft zu einer zeitgemäßen Markenstrategie – und welche Rolle spielen Marken bei der Transformation hin zur Circular Economy und mehr Nachhaltigkeit? Das haben wir ausgewählte Juror*innen des German Brand Award 2025 gefragt – und festgestellt: Marken können Treiber des Wandels sein.
Gesellschaftlich verantwortliche Akteure
Prof. Ute Röseler, Professor Brand Communication, Brand University of Applied Sciences Hamburg
Die globale Weltordnung hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert, wirtschaftliche Krisen, Kriege, Pandemien und der Klimawandel führen zu gesellschaftlichen Unsicherheiten und neuen Herausforderungen. In Zeiten wie diesen suchen die Konsument*innen nach starken Marken, die Stabilität, Verlässlichkeit und Vertrauen signalisieren. Marken werden zu gesellschaftlich verantwortlichen Akteuren. Sie werden aber auch immer stärker gefordert, ihr Handeln entsprechend auszurichten und Glaubwürdigkeit zu belegen. Wenn ihnen das gelingt, können sie ihr Image und ihre Reputation stärken. Dafür müssen sie ihre nachhaltige Ausrichtung aber authentisch vorantreiben und beweisen. Denn die Konsument*innen sind heute deutlich kritischer unterwegs und hinterfragen mehr denn je.
Marken zirkulär auszurichten ist je nach Unternehmen, Branche etc. eine unterschiedlich große Herausforderung. So kann ein Start-up die Kreislaufwirtschaft von Anfang an leichter berücksichtigen und in den Prozess integrieren, für etablierte Unternehmen hingegen ist es deutlich schwerer, bestehende Entwicklungs- und Herstellungsprozesse zu verändern. Schätzungen nach werden 80 Prozent aller produktbezogenen Umweltauswirkungen in der Entwurfsphase eines Produkts definiert, der Blick auf den Prozess ist daher essenziell. Die neue Kategorie ‚Circular Brand of the Year‘ des GBA ist wichtig, um Vorbilder auszuloben und auch andere markenführende Unternehmen zum Handeln anzuregen und gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.
– Prof. Ute Röseler, Professor Brand Communication, Brand University of Applied Sciences Hamburg
Treibende Kraft für den Wandel
Jörg Liebeskind, Senior Director Corporate Communications & Brand Management, Conrad Electronic Group
In einer globalisierten Wirtschaft kämpfen immer mehr Unternehmen in überfüllten Märkten um Aufmerksamkeit. Die Digitalisierung hat den Zugang zu Informationen erleichtert, was jedoch auch zu einer Reizüberflutung führt. Starke Marken stechen aus dieser Flut heraus, schaffen Differenzierung, machen Unternehmen wiedererkennbar und bleiben im Gedächtnis. Sie geben Orientierung, da sie klar vermitteln, wofür sie stehen und warum sie relevant sind. Das schafft Vertrauen. Denn Kund*innen erwarten nicht mehr nur hochwertige Produkte, sondern auch Werte, Transparenz und ein authentisches Markenversprechen. Auch Nachhaltigkeit ist längst ein wichtiges Differenzierungsmerkmal. Die Kund*innen fordern zunehmend nachhaltige Lösungen und bevorzugen Marken, die Verantwortung übernehmen. Circular Brands stehen für Innovation und Glaubwürdigkeit, wodurch sie sich von Wettbewerbern abheben können. Es findet mehr und mehr ein Umdenken statt. Das zeigt sich zunehmend in einer Verschiebung vom klassischen Besitz hin zur Nutzung, bei der Kund*innen statt Produkte dauerhaft zu besitzen verstärkt auf flexible, nachhaltige Geschäftsmodelle wie Miete, Sharing oder Subscription setzen. Recycling spielt auch eine große Rolle. Marken, die solche Ansätze integrieren, bleiben relevant und zukunftsorientiert und sind besser auf regulatorische Änderungen vorbereitet, wenn neue Gesetze verpflichtend werden. Circular Brands positionieren sich somit als treibende Kraft für den Wandel zu mehr Nachhaltigkeit und schaffen dadurch eine emotionale Bindung zu Kund*innen, die sich mit nachhaltigen Werten identifizieren. Marken spielen bei dieser Transformation also eine sehr wichtige Rolle.
– Jörg Liebeskind von der Conrad Electronic Group
Wegbereiter von Veränderung in einer VUCA-Welt
Prof. Dr. Simone Roth, Professorin für Marketing
Die Bedeutung von Marken in der heutigen Zeit ist essenziell vor dem Hintergrund der gesteigerten Informationsflut und Schnelllebigkeit. In dieser ‚VUCA‘-Welt – Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität – sind starke Marken eine wichtige Konstante und bieten Konsument*innen eine vertrauensvolle Orientierung. Marken mit einer klaren Positionierung und glaubwürdigen Werten schaffen Stabilität und wirken als Leuchtturm, der Konsument*innen Sicherheit und Identifikation bietet. Gleichzeitig wird Markenführung zunehmend strategischer: Sie muss nicht nur auf aktuelle Herausforderungen wie Digitalisierung und gesellschaftliche Veränderungen reagieren, sondern auch vorausschauend handeln, um langfristig relevant zu bleiben. In dieser dynamischen Welt machen eine klare Markenidentität und Positionierung den Unterschied.
Die Integration der Kategorie ‚Circular Brand of the Year‘ ist ein starkes Zeichen dafür, dass Marken als Wegbereiter von Veränderung in einer VUCA-Welt fungieren können. In einer Zeit, in der ein schonender Umgang mit Ressourcen, Klimaneutralität und gesellschaftlicher Impact Unternehmen zum Handeln zwingen, ist die Circular Economy ein strategischer Imperativ. Marken übernehmen hier eine Schlüsselrolle: Sie können gemäß ihrer Funktion Orientierung geben und mit gutem Beispiel vorangehen. So können nachhaltige Werte nicht bloß kommuniziert, sondern auch glaubwürdig erlebbar gemacht und die Erlebniswelt der Konsument*innen integriert werden. Dies geht über die Orientierungsfunktion hinaus und verfolgt einen vielmehr holistischen Ansatz: Inspirieren und zeigen, wie Circular Economy Teil des Lebensstils eines jeden Einzelnen werden kann, damit Wirtschaft und Gesellschaft Hand in Hand positiven Einfluss auf eine nachhaltige Zukunft nehmen können. Die Kategorie schafft einen Raum und setzt einen Anreiz, dass sich Marken aktiv zu einer treibenden Kraft und Mitgestalter für Transformation im Wirtschaften und Leben entwickeln können.
– Prof. Dr. Simone Roth, Professorin für Marketing, Hochschule Ruhr West
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Über den German Brand Award
DER AWARD, DER MARKENERFOLGE SICHTBAR MACHT
Mit dem German Brand Award zeichnet der German Design Council Persönlichkeiten und Unternehmen aus, die in der Welt der Marken wegweisend sind und bietet ihnen eine Bühne. Er entdeckt und präsentiert einzigartige Trends – und bringt nicht nur die Gewinnerinnen und Gewinner voran, sondern die gesamte Markenwirtschaft.
Über die Autorin
Julia Gundelach ist freie Journalistin und schreibt vorwiegend über die Themen Marketing, Markenführung und Werbung. Sie arbeitet für verschiedene renommierte deutschsprachige Magazine, Onlineportale und Blogs, daneben unterstützt sie ihre Kunden mit Texten für Webseiten, Social Media oder Broschüren und schaut gelegentlich auch als Korrektorin ganz genau hin. Julia Gundelach hat BWL studiert – natürlich mit Schwerpunkt Marketing – und später ein Volontariat sowie mehrere Praktika, unter anderem bei Bunte.de und der Süddeutschen Zeitung, absolviert. Sie lebt und arbeitet in München.