Wasser sparen, recyceln, zelebrieren: Nachhaltigkeit, so zeigt es sich beim Besuch der Leitmesse für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (ISH) in Frankfurt am Main, ist keine Floskel mehr, sondern Selbstverständlichkeit geworden. Einige Hersteller setzen bei ihren Produkten zudem auf Multifunktion und Farbe. Nur die Wärmewende sieht weiter triste Kisten im Vorgarten vor.
von Markus Hieke

Wer den Fokus allein auf schöne Neuheiten setzte, konnte sie glatt verpassen: die Value of Water Conference. Erstmals wurde die ISH von dem Keynote- und Talk-Format begleitet. Ein Format, das die Messe Frankfurt zusammen mit Euroforum ins Leben rief – und das absolut begrüßenswert ist, weil so nicht nur der Konsum, sondern auch die Herausforderungen adressiert wurden, mit denen sich Menschen und Marken heute konfrontiert sehen.
„Wie kann es sein“, eröffnet Dieter Gerten vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung die Konferenz, „dass es auf dem blauen Planeten Erde eine Weltwasserkrise gibt?“ Tatsache ist: Bei gerade einmal 2,9 Prozent des global verteilten Wassers handelt es sich um Süßwasser, wie Gerten erklärt. 99,7 Prozent davon sind in Tiefenwasser und Eis gebunden. Um den winzigen Rest wetteifern Mensch und Tier, Industrien, Landwirtschaft und Natur. „Was wir an einzelnen Orten tun, kann die Wasserversorgung in größerem Maßstab beeinflussen“, mahnt der Wissenschaftler. „Neben all den innovativen Lösungen, die wir hier in den nächsten Tagen diskutieren werden, brauchen wir daher auch ein neues Wasserethos, um anders über Wasser zu denken und es grundsätzlich als globales Gut zu behandeln.“
„Es zeigt, wie gut es Marken zu Gesicht steht, vielversprechende Partnerschaften einzugehen, statt in eigene Insellösungen zu investieren.“



Verbrauch runter, Komfort hoch
Szenenwechsel: Festhalle. Mit Gertens Appell im Ohr interessiert uns, was sich im Augenblick tut. Zu den Big Playern, die hier ausstellen, zählt Hansgrohe. Ja, was lässt sich überhaupt innovieren, wenn für Waschtischarmaturen und Duschbrausen bereits die beste Wasserspar-Verwöhn-Balance ausgelotet worden ist? Man könnte, dachte man sich beim Unternehmen aus dem Schwarzwald, den Waschtisch neu erfinden. Beim Becken Avalegra mit integrierter Armatur gibt es daher neben einem klassischen Wasserauslauf eine Art Gesichtsdusche. Abgeleitet aus dem 2023 präsentierten Konzeptbad Green Vision schießen dabei sanfte Fontänen bogenförmig vom Beckenrand auf die Fläche. Begrenzt auf einen Durchfluss von fünf Litern pro Minute, soll das bei der Gesichts- und Handreinigung erheblich Wasser einsparen.
Bemerkenswert ist darüber hinaus die Kollaboration zwischen Hansgrohe und dem niederländischen Unternehmen Hydraloop – auch das ein Rückbezug auf Green Vision. Mithilfe von Filtern, Bioreaktor und UV-Desinfektion lässt sich innerhalb der kühlschrankgroßen Anlage verbrauchtes Duschwasser aufbereiten und für die Toilettenspülung und Waschmaschine wieder verwenden. Ein integrierter Tank hält das gereinigte Wasser vor. Es zeigt, wie gut es Marken zu Gesicht steht, vielversprechende Partnerschaften einzugehen, statt in eigene Insellösungen zu investieren.
Auch Kaldewei griff vor zwei Jahren auf eine bestehende Innovation zurück: Mithilfe des Wärmerückgewinnungssystems des Schweizer Start-ups Joulia sollte dabei noch warmes Duschwasser im Abfluss zum Vorwärmen der Kaltwasserleitung genutzt werden. Das Einsparpotenzial war dabei nicht unerheblich. Doch inzwischen wurde das Produkt wieder eingestellt. Merke: Was gut ist, verkauft sich nicht automatisch. Besonders, wenn es keine Erfahrungswerte gibt, darf man die nötigen Kommunikationsanstrengungen gegenüber Konsument*innen als auch bei den ausführenden Installateur*innen nicht unterschätzen. Grohe geht zur ISH mit dem Duschsystem Rapido Heat Recovery an den Start. Hansgrohe arbeitet ebenso an Konzepten zur Wärmerückgewinnung.



Von Kreislauf bis regenerative Energie
Erfolg dürfte Kaldewei mit den Duschflächen der Reihe Solidlite haben. Anstelle einer Verbundmasse aus Polyesterharz oder mineralischen Füllstoffen an der Unterseite kommt hier Blähglas zum Einsatz, das die Duschfläche im Transport und Einbau erheblich leichter macht. Weil Blähglas zugleich robuster ist, kann auf wertvolle Millimeter des benötigten und energieintensiven Stahls verzichtet werden. Auffällig bei der ISH 2025: Wie das Stahl-Emaille-Unternehmen aus Ahlen, bemühen sich immer mehr Marken um das Label Cradle-to-Cradle-Certified, das Produkte für ihre geschlossenen Materialkreisläufe auszeichnet – so etwa auch Grohe und Laufen.
Bei Laufen trifft das gleich auf alle in Gmunden fabrizierten Keramikprodukte zu. Seit Ende 2023 werden diese dort in einem elektrisch befeuerten Tunnelofen gebrannt, dem ersten seiner Art weltweit. Bis 2045 will die Roca Group, zu der Laufen gehört, Netto-Null-Emissionen erreichen. Diese Anlage, mit der man sich von fossilen Energieträgern verabschiedet, ist dafür erst der Anfang – und die Waschtischserie Volta von Yves Béhar der formgewordene Machbarkeitsbeweis, geschaffen aus extrafiligraner „Saphirkeramik“, in der das Wasser spiralförmig von dannen fließt.


Multifunktion, Farbe und Material
Daneben gibt es noch jene Badinnovationen, die sich unter dem Titel „Multifunktion“ zusammenfassen lassen: die Brause Purefoam von Grohe etwa, die die dicht um einen Testbrunnen gedrängten Besucher*innen fasziniert. Aus den Düsen dringt erst Schaum, dann Wasser – die Technik und ein spezielles Shampoo-Fläschchen verbergen sich in einer separaten Einheit neben dem Thermostat. Mehr als eine Funktion steckt auch in der Badewanne Niuo Duo von Kaldewei. Stefan Diez und sein Team haben hierfür die perfekt reduzierte Form gefunden. Das Designteam des Herstellers stattete sie mit einem Funktionspanel aus, über das sich ein Ambiente-Licht, eine Infrarot-Wannenheizung und die integrierten „Sound Wave“-Lautsprecher steuern lassen. Die Lieblingsmusik überträgt sich dabei direkt von der Wannenwand auf das Wasser.



In puncto Lieblingsfarbe und Materialität setzt sich schließlich ein laufender Trend fort: Weiße Badewannen und Waschtische dürften in designorientierten Bädern zunehmend die Ausnahme sein. Duravit präsentiert seine neue Kollektion Balcoon von Patricia Urquiola in einem Karamellton. Bette setzt den neuen Farbton Salvia ins Zentrum seines Messeauftritts. Und Hewi taucht seine Klassiker aus der Produktreihe Care in ein aufregendes Rosa – inklusive Lizenz-Kooperation mit Barbie, um die zeitlose Vielfalt beider Marken zu betonen. Während Armaturen- wie Keramikmarken längst auch zu Komplettanbietern geworden sind und wie Hansgrohe, aber auch Villeroy & Boch Badmöbel mit taktilen Oberflächen anbieten, ordnet Burgbad – Synonym für das Spiel mit Farbe – seine Oberflächenauswahl neu. Besau-Marguerre haben für das Unternehmen eine Material- und Farbbibliothek entwickelt, ausrangiert und neu ergänzt, um Planer*innen und Kund*innen bei selbstbewussten und stimmigen Entscheidungen zu unterstützen. Denn letztlich soll das Bad nicht nur wassersparenden Komfort, sondern auch langfristig Erholung und Freude bieten.



Fad bleibt die Wärmewende
Ein Ästhetikanspruch, mit dem nicht alle Bereiche der ISH mithalten können. So zeigt sich in den Hallen der Heizungs- und Warmwassersysteme weiterhin ein Bild der grauen und anthrazitfarbenen Kisten. Wärmepumpen, das Wort der Stunde, lassen sich an sinkenden Geräuschpegeln und am Einsatz des klimaschonenderen Kältemittels R290 (besser bekannt als Propan) messen – aber gewiss nicht am Design. Zu den ansehnlicheren gehören hier noch die Monoblock-Wärmepumpe WKM Pro von Remko oder die Außeneinheit WLW MBE+ AR von Buderus. Wer in einem eng bebauten Umfeld per Wärmepumpe heizen will, findet beim chinesischen Unternehmen Midea das H-Pack. Die kompakte Inneneinheit kann platzsparend und unauffällig im Haustechnikraum installiert und hybrid ins bestehende Heizsystem integriert werden. Sichtbar werden lediglich zwei Öffnungen, die wahlweise an der Fassade oder als Schornstein an der Dachschräge nach draußen führen.
Clever ist das System Compress Hybrid 5800i G von Bosch. Zunächst installiert als Gas-Brennwertheizung, lässt es sich schrittweise zum Hybridsystem mit Wärmepumpen-Außeneinheit umrüsten oder zur vollwertigen Wärmepumpe umbauen. Ab 2029 ist sogar eine Verwandlung auf Wasserstoffbetrieb geplant. Man weiß ja nie, in welche Richtung sich Technologien morgen weiterentwickeln werden. Sicher ist nur, dass es ohne drastische Reduktion im Ressourcenverbrauch keine rosige Zukunft geben wird – daran ändern dann auch farbenfrohe Verwöhnbadezimmer nichts.



Über den Autor
Markus Hieke ist freier Journalist und Autor mit Schwerpunkt auf Interior-/ Produktdesign und Architektur. Mit einem Hintergrund im Kommunikationsdesign, fand er 2013 zum Schreiben und erlangt seither eine feste Stimme in namhaften deutschen und internationalen Fach- und Publikumsmedien. Gestaltung für ein breites Publikum greifbar zu machen, versteht er für sich als Auftrag und nähert sich diesem anhand von Porträts, Interviews und Hintergrundreportagen zu Protagonist*innen und Themen von Handwerk bis Zirkularität, auch abseits des Rampenlichts.
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