Das Stedelijk Museum in Amsterdam präsentiert vom 15. Februar bis 13. Juli die Wanderausstellung „Oltre Terra“ des Designstudios Formafantasma. Das Projekt befasst sich mit der Wollgewinnung und -produktion und erforscht deren Zusammenhang mit der biologischen Evolution der Schafe.


Schafe sind nicht nur Tiere; Für uns sind sie vor allem Wollproduzenten. Als man im Februar 2021 in den Außenbezirken von Victoria, Australien, ein entlaufenes Merinoschaf mit 35 Kilogramm Wolle auf dem Rücken fand, erregte seine Rettung weltweit Aufmerksamkeit. Der Zustand des Schafs war das Ergebnis eines mangelnden Kontakts zum Menschen: Wenn Merinos nicht geschoren werden, wächst ihr Vlies unbegrenzt weiter. Mithin wurde das australische Schaf zum anschaulichen Beispiel für das Paradigma der modernen Bioprospektion (der Ausbeutung der genetischen Ressourcen eines Landes zu wirtschaftlichen oder anderen Zwecken), glich es doch offensichtlich eher einer Wollproduktionsmaschine mit Hufen, Nase und Ohren, die sorgfältig auf Optimierung und wirtschaftlichen Gewinn ausgelegt ist, als einem Tier.
„Während der Mensch das Schaf durch seine Domestizierung geformt hat“, so heißt es in der Ankündigung zu der Ausstellung „Oltre Terra“, „hat das Schaf als Wolllieferant die Geschichte der Menschheit maßgeblich beeinflusst“. In Oltre Terra untersucht das Designstudio Formafantasma im Stedelijk Museum Amsterdam zwischen dem 15. Februar bis 13. Juli die Geschichte, Ökologie und globale Dynamik der Gewinnung und Produktion von Wolle. „Oltre Terra“ ist der italienische Begriff für die Wandertierhaltung, d. h. den Wechsel des Viehs von einem Weideplatz zum anderen, je nach Jahreszeit und der Verfügbarkeit von Futter. Solche „transhumanen Praktiken“ setzen voraus, dass ständig über die Faktoren nachgedacht wird, die mit der Umwelt und den darin lebenden Menschen und Tieren zusammenhängen.
Das Setting von Oltre Terra bietet eine Neuinterpretation des traditionellen Dioramas, das in Naturkundemuseen häufig zur Darstellung statischer Szenen aus der Natur verwendet wird. In diesem Fall wird das Diorama um sieben lebensgroße Nachbildungen verschiedener Schafrassen erweitert, darunter das niederländische Drents Heideschaap. Daneben werden Dokumente, Filme, Nebenprodukte aus Produktionsprozessen und verschiedene Arten von organischem Material präsentiert.
Das italienische Designstudio Formafantasma (gegründet 2009) hat durch zahlreiche Ausstellungen, Forschungsprojekte und Lehrtätigkeiten die Notwendigkeit einer neuen Richtung und Vision für den Bereich des Designs im Allgemeinen propagiert, mit dem übergeordneten Ziel, ein tieferes Verständnis für unsere natürliche und gebaute Umwelt zu fördern. Ihre Arbeit besteht in der Regel aus „transformativen Interventionen“, die den eigentlichen Akt des Designs in all seinen materiellen, technischen und sozialen Aspekten nutzen.
Die begleitende Publikation zur Ausstellung wurde unter gleichem Namen vom National Museum of Art, Architecture and Design und der Verlagsbuchhandlung Walther König herausgebracht.
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