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Die Probleme, die durch konventionelle Kunststoffe auf Erdölbasis und den damit verbundenen hohen Energie- und Ressourcenverbrauch entstehen, treten immer deutlicher zu Tage. Wirtschaft und Industrie suchen längst nach alternativen Werkstoffen für eine nachhaltigere Produktion. Der Rat für Formgebung stellt unterschiedliche Projekte vor, in denen aus biologischen Grundstoffen nachhaltige Designobjekte entstehen.

Anlässlich der Triennale 2019 in Mailand Broken Nature – Design takes on Human Survival ruft der Biologe und Kurator Stefano Marcuso die „Nation der Pflanzen“ aus. Denn Pflanzen bilden 85 Prozent der belebten Natur, während es das Tierreich – und das schließt den Menschen mit ein – auf gerade einmal 0,03 Prozent bringt. Flora existierte lange vor uns – und wird uns wohl auch lange überleben. Eine eigene Lobby aber hat sie nicht. Anstatt sich die Welt untertan zu machen, sollten wir Menschen Marcuso zufolge anfangen von den Pflanzen zu lernen und ihren oftmals erstaunlichen Erfindungsreichtum wertzuschätzen. Der Pavillon der „Nation der Pflanzen“ ist angesichts der nur global lösbaren Klimaproblematik zugleich ein hintergründiges Instrument, die eigenen, in Nationen und eindeutig definierten Grenzen verhafteten Denkstrukturen zu hinterfragen.

Natürlich wachsen: Neue Szenarien für Produktion und Wirtschaft

„Wir müssen die Fähigkeiten des ‚Anderen‘, des Nicht-Menschlichen, wirklich annehmen und lernen, sie in brauchbare Technologien umzusetzen“, meint auch Maurizio Montalti, Gründer und Creative Director, Officina Corpuscoli, im Gespräch mit dem Rat für Formgebung. In Projekten wie Mycelium Design, Fungal Future oder De Algarum Natura experimentiert Montalti mit neuartigen organischen Materialien und Prozessen. Wie dies konkret funktioniert, zeigt er mit seinem neugegründeten Designunternehmen Mogu. Es produziert seit Mitte 2019 eine Kollektion von Bodenfliesen, die aus einem Myzelverbundkern mit einer 90 bis 95 Prozent biobasierten Harzbeschichtung besteht.

Sie erfüllen industrielle ISO Standards, zeichnen sich dabei jedoch durch eine eigene organische Ästhetik aus. „Neue Produktionsformen, die auf eine symbiotische Verflechtung mit natürlichen Lebensformen setzen, sind nicht nur nachhaltig – sie können unser Verständnis von und unseren Umgang mit der Umwelt auf eine ganz neue Ebene bringen“, ist Montalti überzeugt. Die Kräfte der Natur werden zum Katalysator für gesellschaftlichen Fortschritt und stehen für einen alternativen Begriff von wirtschaftlichem Wachstum.

Keine rosarote Brille: Biologisch abbaubare Biokunststoffe mit den Materialeigenschaften von Plastik

Ideen wie diese sind dringend notwendig in einer Welt, in der jährlich 300 Millionen Tonnen Kunststoffe neu produziert werden. Einen ähnlichen Ansatz verfolgen deshalb auch cp!s – crafting plastics! studio. Die jungen Produktdesigner Vlasta Kubušová und Miroslav Král gründeten das Unternehmen 2016 in Berlin und Bratislava. Mit ihren Ideen bringen sie frischen Wind in die Produktionsstätten, allem voran mit dem innovativen Material Nuatan, einem Biokunststoff, der zu 100 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen besteht und biologisch abbaubar ist – dabei jedoch die Eigenschaften von Plastik besitzt. Der Phantasie sind bei der Gestaltung also kaum Grenzen gesetzt. Den Einstieg wagte cp!s mit einer Sonnenbrillen-Kollektion, inzwischen kollaborieren sie mit unterschiedlichen Unternehmen und Designern.

Als Rohstoffe von Nuatan dienen beispielsweise Mais- oder Kartoffelstärke. Derzeit zerfällt das Material in einem industriellen Komposter in Wasser, CO2 und Biomasse. Doch die beiden Gestalter, die viel Zeit im Labor verbringen, arbeiten schon an einer neuen Generation, die sich auch in heimischen Kompost, Erde und Meerwasser abbauen lässt.

Doppelt gute Ökobilanz: Algen als Luftspender und Rohmaterial für Produkte

Auf ein anderes pflanzliches Material stützen sich Studio Klarenbeek & Dros – bestehend aus Eric Klarenbeek und Maartje Dros – mit Atelier Luma bei ihrem Projekt Algae Lab: „Algen produzieren den größten Teil des von uns eingeatmeten Sauerstoffs, indem sie Kohlendioxid binden und in Biomasse umwandeln, da sie Kohlenstoff (C) aufnehmen und O2 als Abfallprodukt produzieren: saubere Luft.“ Vor dem Hintergrund der globalen Erwärmung und der damit verbundenen Versauerung der Ozeane helfen Algen, CO2 aus der Atmosphäre zu binden. Und was wäre sinnvoller, als die bei dem Prozess eigentlich als Nebenprodukt entstehende Biomasse in ein Biopolymer zu verwandeln und als Ausgangsmaterial für Designprodukte zu nutzen? Die Designer schaffen in ihrem Labor im französischen Arles aus dem in den Gewässern der Region zu Genüge vorkommenden Rohstoff einen transluzenten Werkstoff, der sich vielseitig einsetzen lässt: von Geschirr, Gefäßen und Vasen bis hin zu Musik-Schallplatten.

CHANGEMAKERS #4

3D-printen is het nieuwe ambacht: Eric Klarenbeek en Maartje Dros zijn als voorvechters van de circulaire economie op zoek naar alternatieven voor materialen en productieprocessen. "Dit is de verandering waar wij in geloven: producten ontwerpen die via internet worden verspreid maar lokaal worden gemaakt."

Gepostet von Museum Boijmans Van Beuningen am Montag, 20. November 2017

Möbelfurnier aus Meeresalgen

Die Designerin und Professorin an der HFBK Hamburg, Julia Lohmann, nutzt Meeresalgen, die sie so bearbeitet, dass sie als Material für die Möbelgestaltung fungieren. Das Meeresalgenfurnier ersetzt die Holzschicht, die normalerweise die Oberfläche des Furniers bildet. Ihre Laminariumsbank besteht aus 21 Lagen Seetang-Furnier. Die Form der Bank ist inspiriert von der Bewegung des Kelps (Tang) im Meer. Neben diesem pflanzlichen Material greift die Gestalterin für ihre Experimente auch auf andere unkonventionelle Ressourcen zurück, zum Beispiel auf Maden oder Schafsmägen.

Bei allem Fortschritt: Bisher ist die Nutzung von Bioplastik noch sehr überschaubar. Erst ein Prozent aller Produkte weltweit werden damit hergestellt. Wenn – wie die genannten Projekte zeigen – vormals experimentelle biologische Werkstoffe Marktreife erreichen und auch kostengünstig größere Stückzahlen erlauben, könnten sie schon bald im großen Stil in der Industrie Einzug halten.


Beitrag der ndion Redaktion. Beitragsbild © cp!s crafting plastics! studio.

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