Roboter verlassen die Fabrikhallen – und ziehen in unser Leben ein. Ob als smarte Helfer im Haushalt, als Pflegeassistenten oder autonome Logistiksysteme: Sie werden vielseitiger, zugänglicher und menschennäher. Das zeigen auch die Gewinner*innen des German Innovation Award.
von Armin Scharf

Nach wie vor dominieren industrielle Anwendungen den Robotermarkt. Laut International Federation of Robotics (IFR) stieg der Marktwert aller weltweit installierten Industrieroboter im vergangenen Jahr auf 16,5 Milliarden Dollar und damit auf einen historischen Höchststand. Die größte Roboterdichte in der Fertigung findet sich in Südkorea, wo auf 10.000 Erwerbstätige 1.012 Industrieroboter kommen, gefolgt von Singapur mit 770 und Japan mit 470 Robotern. Deutschland folgt übrigens dicht auf mit 429 Einheiten. Japan gilt auch als weltweit führender Hersteller industrieller Maschinen, während die IFR die meisten Neuinstallationen in China verortet.
Rationalisierung und fehlende Arbeitskräfte
Im Grunde sind Fertigungsroboter das, was man eine reife Technologie nennen kann: 1957 stellte das US-Unternehmen Ultimation den allerersten Roboter dieser Spezies vor, den „Ultimate“, der ab 1961 bei Ford Karosserien schweißte. Im Prinzip ist der Aufbau von Industrieroboter bis heute weitgehend identisch: Sie bestehen aus einem mehrgliedrigen Arm mit mehreren Freiheitsgraden und Manipulatoren, wie man Werkzeuge hier nennt.
Auch am Einsatzszenario hat sich wenig verändert – repetitive, immer gleiche und vorab fixierte Prozessabläufe sind die Domäne dieser Maschinen. Das Design ist hier rein funktional zu sehen, trägt allenfalls zur Markenerkennbarkeit oder zur Reduzierung der bewegten Massen bei. Wichtig: Industrieroboter arbeiten aus Sicherheitsgründen in separaten Zonen, zu denen menschliche Kollegen keinen Zugang haben. In der Vergangenheit war das Motiv für die Implementierung von Industrierobotern in erster Linie die Rationalisierung von Fertigungsprozessen. Heute rücken Fachkräftemangel, schrumpfende Bevölkerungen oder auch Komfortaspekte mehr und mehr in den Vordergrund. Folglich dringt Robotik in weitere Branchen und Lebensbereiche vor, auch dank technologischen Sprüngen, KI-Unterstützung und vielen Start-Ups, die oftmals kleine, aber spannende Nischenanwendungen adressieren. Und: Roboter rücken näher an den Menschen heran, beispielsweise in Form von Servicerobotern.
Saugen, wischen, interagieren
Im Gegensatz zu seinen großen Verwandten am Band produziert ein Serviceroboter nichts, dafür agiert er im direkten menschlichen Umfeld. Hinter dem Sammelbegriff verbergen sich Spezialisten wie Reinigungs-, Transport- sowie Assistenzroboter im Pflegebereich. Denn auch Bots mit sozialem Auftrag, etwa zur Betreuung von älteren Menschen, gehören in diese Gruppe. Serviceroboter verfügen über eine umfangreiche Sensorik, schließlich müssen sie selbstständig im Raum navigieren, Kollisionen mit Gegenständen, Tieren oder Menschen aktiv vermeiden und ihre spezifische Aufgabe sicher erledigen. Gerade weil Serviceroboter nahe am Menschen sind, muss das Design neben der Usability insbesondere weiche Faktoren ansprechen, zuvorderst Vertrauen aufbauen. Je größer der Roboter und je privater die Anwendung, umso wichtiger wird dieser Aspekt. Das gilt sogar für Mähroboter, die im abgegrenzten heimischen Garten oder auf Sportplätzen stoisch ihre Runden drehen und bislang auch vor Tieren nicht unbedingt Halt machten. Die neueste Generation scheint dieses Problem endlich zu lösen: der 2024 mit dem German Innovation Award ausgezeichnete „Luba2“ von Mammotion kartiert den Rasen selbst, ist mit GPS-Unterstützung unterwegs und erkennt per Kamera sowie Lidar Objekte und kleine Tiere – beispielsweise junge Igel. Und mit seinem Allrad-Antrieb schafft der Mähroboter im Forrmel-1-Look selbst Steigungen von 80 Prozent.
Auch im trauten Heim selbst gehören Roboter inzwischen zum smarten Alltag, meist sind das Saugroboter, die ähnlich wie ihre mähenden Verwandten selbstständig auf Reinigungstour unterwegs sind. Die Themen sind hier ähnlich, also Indoor-Mapping, Kollisionsschutz und Überwindung von Unebenheiten, schlaue Sauger passen ihre Leistung an den Bodenbelag an.

Derzeit macht die Technik einen weiteren Sprung und kombiniert Saugen mit Wischen. Meist reinigen zwei rotierende Moppscheiben an der Unterseite die glatten Bodenflächen feucht und saugen das Schmutzwasser direkt wieder auf. Die Dockingstation übernimmt das Laden der Batterien, sie entnimmt auch den Staub, das Schmutzwasser und tankt Frischwasser nach. Idealerweise werden während der Ladezeit auch die Moppscheiben getrocknet. Dass die Dockingstation hier größer ausfällt, versteht sich von selbst – wie, das zeigt der „Freo“ des Herstellers Narwal oder der „RS20 Max“ von EVZIZ. Letzterer ist Winner des German Innovation Awards 2025, orientiert sich mit Lidas und Kamera im Raum, erkennt so Haustiere und akzeptiert Sprachbefehle via Alexa. Außerdem lässt er sich laut Hersteller auch auf Patrouille durch die verwaiste Wohnung schicken. Der „Freo“ wiederum, beim German Innovation Awards 2024 ausgezeichnet, erkennt laut Hersteller verschmutzte Bereiche und reinigt so lange, bis dieser beseitigt ist. Leider sagt Narwal nichts dazu, auf welcher Sensorik diese Fähigkeit beruht.


Flache Scheiben für daheim
Formal entsprechen die beiden Saug-Wischroboter ihren nur saugenden Kollegen: sie sind rund und flach. Ganz anders der „ZacoX1000“: er baut höher und ist zugleich voluminöser als die saugenden Scheiben. Weil für den gewerblichen Einsatz in verschiedenen Objekttypen gedacht, ist der „X1000“ auf mehr Leistung ausgelegt, die wiederum mehr Bauraum benötigt. Der „X1000“ lässt sich zudem direkt über ein Touchdisplay auf der Oberseite bedienen und zeigt über stilisierte Augen auf der Frontseite seinen Arbeitsmodus an. Per Lidar- und Laser-Sensoren orientiert er sich automatisch, die Frontkamera erkennt Hindernisse.
Auch der „ZacoX1000“ wurde mit dem German Innovation Award 2025 ausgezeichnet. Längst sind auch Scheuersaugmaschinen ohne menschliche Bedienung unterwegs, sie reinigen große Flächen in Unternehmen oder öffentlichen Bereichen zuverlässig und wirtschaftlich – nicht nur in wenig frequentierten Nachtzeiten. Das Ulmer Unternehmen Adlatus produziert derlei Roboter, Kärcher natürlich ebenso. Der „Kira B 50“ vermag bis zu 3.200 Quadratmeter pro Stunde autonom zu reinigen, er ist kompakt aufgebaut, sein Design negiert nicht, dass es sich um eine Maschine handelt und ist in erster Linie funktional motiviert. Während der Arbeit erfasst der Roboter seine Umgebung im 360-Grad-Modus per Laser-Scanner, 3D- und Ultraschallsensoren. So erkennt er auch große Hindernisse und natürlich Menschen – unverzichtbar für den Betrieb bei Publikumsverkehr. Zugleich erkennt der „Kira B 50“ auch Überhänge, navigiert rückwärts und ist zu Freifahrmanövern befähigt, was verhindern soll, dass der Reinigungsautomat verwirrt auf der Strecke stehen bleibt.

Der GEBHARDT Upstream kombiniert Shuttle-Lager und Grid und verspricht hierdurch weniger Umlagerungen, optimale Lagerstrukturen und eine effiziente Nutzung von Ressourcen | Foto: GEBHARDT Fördertechnik GmbH
Palettenkünstler und Picking-Helfer
Während derlei Roboter uns im öffentlichen Raum künftig häufiger begegnen dürften, bleiben Logistikroboter eher verborgen. Hier geht es längst nicht mehr nur um Automaten für die Bedienung von Hochregallagern, sondern um Flurförderfahrzeuge für die Intralogistik oder Kommisionierungs-Helfer, die Warensendungen zusammenstellen. Der österreichische Hersteller Agilox hat sich inzwischen auf autonome Flurförderer fokussiert, die Paletten oder andere Gebinde in Unternehmen transportieren. Der „OCF“ beispielsweise arbeitet ohne Leitrechner wie frühere Systeme, orientiert sich selbst, optimiert seine Routen und umfährt Hindernisse. Das Design von Formquadrat ist klar, rational, nimmt markenspezifische Elemente auf und integriert jene Signalanzeigen, die kommunizieren, welche Aktionen der Roboter gerade ausführt. Gerade dies ist übrigens ein wichtiges Element, wenn Roboter und Menschen im gleichen Umfeld konfliktfrei arbeiten und sich in gewisser Weise auch verstehen sollen. Das schließlich idealerweise dazu, Robotik nicht als fertige, unantastbare Technologie der Experten zu begreifen, sondern sie zu hinterfragen, mit ihr zu experimentieren und sie zu demokratisieren. Dafür stehen Lernroboter bereit, die sich einfach programmieren, modifizieren und individuell nutzen lassen – ein gutes Beispiel dafür ist pib – printable intelligent bot der isento GmbH, dessen Komponenten inklusive Arme und Hände sich per 3D-Druck herstellen lassen. pib ist ein Open Source Projekt und bietet damit viele Nutzungsoptionen. Kein Wunder, dass auch er zu den Gewinnern des GIA 2025 gehört.
Das nächste große Ding hat zwei Arme und zwei Beine – und bewegt sich so behände wie ein Mensch.
Die Kür: Ungeregelte Umgebungen und Humanoide
Während Logistikroboter in weitgehend definierten Umgebungen agieren, kommt die Technik bislang dort an ihre Grenzen, wo ungeregelte Verhältnisse herrschen. Also auf dem Acker oder auf der Baustelle. Hier soll die Integration Künstlicher Intelligenz, mit denen Roboter ihre Umgebung anders wahrnehmen können, große Sprünge auslösen. Letztlich geht es um die Schaffung von Robotern, die nicht nur Sensordaten nach fixen Algorithmen verarbeiten, sondern diese verstehen können, klassifizieren und eigenständige Aktionen einleiten. Dazu gehört auch, nicht vorab trainierte Aufgaben selbstständig zu lösen. Damit kommt man der Vision des Universalroboters ein gutes Stück näher – also einer Maschine, die sowohl Rasen mäht, Teile schraubt, den Müll rausbringt, die Unterführung reinigt oder bügelt.
Wobei: Wie eine Maschine werden diese Roboter dann nicht mehr aussehen, sondern humanoid, also auf zwei Beinen daherkommen. Das macht auch Sinn: Denn niemand will sein Unternehmen oder seine Wohnung robotergerecht umbauen. Humanoide dürften in den nächsten Jahren tatsächlich Realität werden – schon jetzt ist der Ankündigungshype in vollem Gange. Das nächste große Ding hat zwei Arme und zwei Beine – und bewegt sich so behände wie ein Mensch. „Wir stehen vor unserem iPhone-Moment“, sagte David Reger, CEO von Neura Robotics, kürzlich der Süddeutschen Zeitung.

Sehr nah dran am Humanoiden ist der Lernroboter „pib“, allerdings hat er noch keine Beine. Dafür lässt er sich per 3D-Druck dezentral herstellen | Foto: isento GmbH
German Innovation Award 2025 – Die Gewinner
Mit dem German Innovation Award werden Produkte, Projekte und Pionierleistungen ausgezeichnet, die durch Innovation und Fortschritt das Leben nachhaltig verbessern. Von Green Mobility, Digital Healthcare über New Work bis hin zu außergewöhnlichen Ingenieursleistungen in allen Bereichen – jede Innovation zählt. Der German Innovation Award bietet diesen innovativen Lösungen eine Plattform und zeigt, wohin uns Innovationen führen können.
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