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Making Frankfurt am Mainkai, © Moritz Bernoully

Start unserer Reihe Green City: In Frankfurt am Main will „Making Frankfurt“ die Stadt lebenswerter, mobilitätsfreundlicher und klimagerechter machen – ein Beispiel für Stadtentwicklungsinitiativen weltweit.

Von Martina Metzner

Alles hat 2019/2020 mit der Sperrung des Mainkais für den Autoverkehr angefangen. Als Verkehrsversuch gestartet, sollte der Mainkai zunächst 12 Monate autofrei werden. Die Stadt Frankfurt hatte allerdings kein Programm für die nun frei gewordene Straße entlang des Mains entwickelt und die Straße blieb vorwiegend ein leerer Raum, der nicht umgenutzt wurde. Nur kleine Dinge passierten, wie etwa das Aufstellen zweier mobiler grüner Zimmer – kleiner vertikaler Gärten mit Sitzbänken -, einer Schlittschuhbahn und der Testlauf für einen autonomen Bus. 

Die Aussicht, dass hier ab September 2020 wieder Autos und LKWs rollen sollten, brachte  eine gestaltungsaffine Gruppe von Menschen zusammen, die dies zu verhindern suchten: Darunter Torsten Becker (to be Stadt), Andrea Jürges (Deutsches Architekturmuseum) und Andrea Schwappach (architour) sowie Sabrina Wirtz (Stein Hemmes Wirtz Architekten), Daniel von Bernstorff (Stylepark) und Stefan Weil (Atelier Markgraph). Anknüpfend an die bereits vorhandenen Impulsprojekte aus der Nachbarschaft und von den Machern der Schlittschuhbahn (bb22 Architekten und Stadtplaner) die aus den verwendeten Schaltafeln Beete und Sitzgelegenheiten gebaut hatten, ging es auch der neuen Initiative darum, die Aufenthaltsqualität der plötzlich für die Fußgängerinnen und Fußgänger frei gewordenen Autoverkehrsstraße zu erhöhen. 

Daraus wurde schnell mehr. Unter dem Motto, dass Frankfurt lebenswerter gemacht werden soll, veranstaltete das Team am 22. August 2020 mitten in der Corona-Pandemie einen Open Air-Aktionstag: Es wurde getanzt, gebastelt, es wurden Bücher verschenkt, es wurde Fahrradgefahren und natürlich getrunken und gegessen.

Green City – die ndion-Reihe
Wir müssen Stadt neu denken: Wohnraumknappheit, Ausbau der E-Mobilität, Verödung der Innenstädte – Städte stehen vor großen Herausforderungen, was Nachhaltigkeit anbetrifft.
Wie können Stadtkonzepte in der Zukunft aussehen? Und wo wird finden sich bereits innovative Ideen, um Stadt neu zu denken? Das fragt die ndion-Reihe „Green City“. Wir werfen einen Blick zurück in die Vergangenheit, schauen auf Mobilitätskonzepte von morgen und auf die Gestaltung von Innenstädten.

Öffentliche Orte anders nutzen

Das Symbol war ein 4 auf 4 Meter großes gelbes Quadrat, das ebenfalls aus gelben Schaltafeln gebaut und leicht aus der Achse gedreht den Straßenraum neu definierte. Bis heute ist das gelbe Quadrat das Symbol von „Making Frankfurt“ – so der Name der Initiative. Es ging darum, öffentliche Orte besser zu machen und anders zu nutzen als bisher – darunter auch bessere Mobilität für Fußgänger und Fahrradfahrer, notwendige Klimaanpassungen, die gerechtere Verteilung öffentlichen Raums und der gemeinwohlorientierte Stadtumbau. Der Wunsch der Veranstalter, die den Aktionstag aus eigener Tasche und mit ein wenig Unterstützung vom Deutschen Architekturmuseum finanziert hatten, war, dass das Projekt der Mainkaisperrung in die Verlängerung gehen bzw. als Stadtraumexperiment fortgesetzt werden sollte. Doch leider kam es anders. Die Sperrung wurde erst einmal wieder aufgehoben.  

Beim zweiten Aktionstag 2021 waren neue Initiativen mit dabei, © Jonas Schwappach, Kirsten Bucher, Moritz Bernoully

Doch aufgeben war nicht Ziel des Teams. So bewarben sie sich zusammen mit der Stadt und weiteren Akteuren für das bundesweite Förderprogramm Post-Corona-Stadt des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen und wurden unter 222 Bewerbungen als eins von insgesamt 17 Modellprojekten ausgewählt. Daraus finanzierten sie den zweiten Aktionstag am 18. September 2021, dieses Mal an den zentral gelegenen Plätzen Hauptwache und Goetheplatz/ Rathenau-Platz. Mittlerweile war auch personell etwas passiert: Mitgründerin Andrea Schwappach von „Making Frankfurt“ ist inzwischen die Projektleiterin für das Förder- und Forschungsprojekt der „Post-Corona-Innenstadt Frankfurt“ im Stadtplanungsamt Frankfurt am Main. Ideen waren genug da, sie mussten nur noch weiter detailliert werden, erzählt Anna Scheuermann, Kuratorin und Journalistin und mittlerweile ebenso an Bord des Teams. Es gab so viele Akteurinnen und Akteure, die Platz und Raum brauchten – und auf der anderen Seite öffentliche Plätze, die noch gar nicht richtig genutzt wurden. 

Mittels eines Aufrufs mit Großplakaten in U-Bahn-Stationen und auf Plakatwänden in der ganzen Stadt wollte das Team alle einladen, die Lust zur Umgestaltung der Stadt hatten. Es meldeten sich viele: Darunter etwa die Basketballer der Europäischen Zentralbank, die Kammerphilharmonie, verschiedene Bands, die aufgrund von Corona keine Konzerte mehr geben konnten, Galerien und selbst die Stadtbücherei war mit von der Partie. Die gelben Quadrate vervielfältigten sie als Bühnen und Aktionsplattformen. 

Stadt lebenswerter und nachhaltiger machen

Auch anderswo versuchen Stadtentwicklungsinitiativen ihre Stadt lebenswerter und nachhaltiger zu gestalten. Ein prototypisches Beispiel ist die Highline von New York: ein 1,5 Meilen langer öffentlicher Park, der auf einer stillgelegten Hochbahnstrecke errichtet wurde und sich vom Meatpacking District bis zu den Hudson Rail Yards in Manhattan erstreckt. Gestaltet wurde er von dem Architekturbüro Diller + Scofidio mit James Corner Field Operations und Piet Oudolf entworfen wurde.

Die Highline in New York, © privat
Kick-Off der Superblocks in Leipzig im Mai 2022, © Kollektiv Plus X
Kopenhagen will bis 2025 klimaneutral sein und setzt dafür aufs Rad, © Visit Copenhagen

Ähnlich wie „Making Frankfurt“, die sich den öffentlichen Plätzen bemächtigen, verfährt das Projekt Superblocks in Leipzig. Für das Projekt – umgesetzt von Superblocks Leipzig e.V., mit der Szenographie des Kollektiv Plus X – sperren Verein und Designerkollektiv gemeinsam in regelmäßigen Abständen Straßenzüge im Leipziger Osten für den Autoverkehr und zeigen auf, wie der neu gewonnene Stadtraum genutzt werden kann. Das gleichnamige Projekt in Barcelona hat noch eine größere Dimension. 2016 initiiert von der Stadt, umfasst ein Superblock bis zu neun Häuserblocks. Innerhalb dieser Superblocks haben Fußgängerinnen und Fußgänger und Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer Vorrang. Bei zweispurigen Straßen wird den Autos eine Spur weggenommen: Kinder können hier spielen, Anwohnerinnen und Anwohner auf neu errichteten Parkbänken Kaffee trinken und plaudern. Das triste Grau der Straße wird durch bepflanzte Hochbeete, Blumenkübel und Bäumen ersetzt. Autoverkehr ist auf den verbleibenden Einbahnstraßen –wenn überhaupt – nur mit 10 bis 20 km/h erlaubt. Die Folge: Die Straßen werden zum erweiterten Wohnzimmer. Ein weiteres hehres Ziel von Städten weltweit ist, diese klimaneutral zu machen. Kopenhagen will dies als erste Stadt weltweit 2025 erreichen. Dazu konzentrieren sich die Dänen auf drei Kernbereiche: Energieverbrauch, Energieproduktion und grüne Mobilität. Seit Jahrzehnten setzen die Dänen dazu aufs Rad. Kopenhagen ist inzwischen ein Synonym für Radmobilität. 

Making Frankfurt – ein Ort, der bleibt

Zurück nach Frankfurt. Als die Stadt Frankfurt am Main entschied, den Mainkai für 2022 wieder für den motorisierten Verkehr zu sperren, kam das Ziel eines nachhaltigen Projekts in greifbare Nähe. Mit Beginn der Sommerferien richtete „Making Frankfurt“ für sechs Wochen im Rahmen des Stadtraum-Festivals „Sommer am Main“ eine Werkstatt ein – und zwar auf einem Platz, der bis dato für die Öffentlichkeit nicht zugänglich war: auf dem brachliegenden Grundstück des Saalhofs zwischen Historischem Museum und östlich anschließender Wohnbebauung. An zwei Wochenenden konnten beispielsweise alle, die in der Mainkai-Werkstatt vorbei kamen, dort Hocker bauen. Den Workshop leitete Jonathan Radetz, ein Frankfurter Designer, der in einem kollaborativen Prozess mit dem Making Frankfurt Team auch den Entwurf des Making Frankfurt Hockers verantwortete. Die Idee dahinter: Mehr Sitzplätze in der Stadt zu kreieren. 

Daneben entdeckten auch weitere Initiativen den gesperrten Mainkai: so etwa die Künstlergruppe TAB e.V.  unter deren Federführung die Straße bemalt wurde, so dass daraus ein Urban Sports Park entstand. Hier konnte man Basketball oder Tennis spielen, Skaten, Tanzen oder einfach Rumfläzen. 

Was ist die Perspektive von „Making Frankfurt“? Ein Ort, der bleibt, so Anna Scheuermann. Sie könnten sich vorstellen den Platz der Werkstatt weiter zu nutzen. Der Ort sei gut, um viele zu erreichen. Je länger er bliebe, desto mehr Menschen könnten ihn nutzen – alle Menschen dieser Stadt, auch Migrantinnen und Migranten, selbst Touristinnen und Touristen. Es solle ein fester Platz sein, der zu unterschiedlichen Zeiten die Menschen immer willkommen heiße und zum Beteiligen und „Machen“ motiviere. 

Die gelben Hocker im Rahmen von „Sommer am Main“ wurden aus gelben Schaltafeln gezimmert, Bild: Cornelius Pfannkuch

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