Welche Chancen bietet KI für Designer*innen? Wie wird sich ihre Rolle mit dem Einsatz von KI verändern? Werden sie in Zukunft eher kuratierend als kreativ tätig sein? Darüber sprechen wir mit Marko Thorhauer, Executive Creative Director und Leader Experience Design & Mobile bei IBM iX.
Herr Thorhauer, wie steht es aktuell um das Thema Künstliche Intelligenz (KI) im Design?
Marko Thorhauer: Künstliche Intelligenz, besonders generative KI, hat in den vergangenen Jahren riesige Fortschritte gemacht und verändert, wie Designer*innen arbeiten. Das Thema ist omnipräsent. Zurecht. Aktuell fangen viele Firmen, Agenturen, aber auch Freelancer an, KI gezielt im Design einzusetzen. Etwa bei der automatisierten Erstellung von Grafiken, Modellen, Bildern, Prototypen und Layouts oder bei der Recherche, zur Unterstützung bei Entscheidungen und Optimierung von Nutzungslebnissen. KI kann als Inspirationsquelle dienen, indem sie auf Basis großer Datenmengen neue Muster und Verbindungen aufdeckt, die für uns Menschen schwer fassbar sind. Das Resultat können innovative Ideen und Lösungen sein. Letztes Jahr war die Testphase, jetzt wird es ernst.
Welche Chancen bietet KI Ihrer Meinung nach für Designer*innen und die Designbranche?
Marko Thorhauer: Erstmal: Es ist aktuell so spannend wie nie, Designer*in zu sein. Aber: Unsere Rollen verändern sich mit dem Einsatz von KI. Wir werden in Zukunft vielleicht mehr kuratieren statt Kreative zu sein. KI steigert die Effizienz, nimmt uns Routineaufgaben ab, aber ermöglicht auch ganz neue Ansätze und schafft Raum für mehr strategische Arbeit. Wir haben bei IBM gerade eine Umfrage unter 2.000 Design-Leadern weltweit gemacht, und 57 Prozent sagen, dass Generative KI den Gestaltungsprozess speziell von digitalen Produkten, Content, Erlebnissen und Services massiv verändern wird. Oft wird beklagt, dass die Ergebnisse noch nicht zu 100 Prozent perfekt sind. Das stimmt zwar, aber KI verbessert sich in atemberaubender Geschwindigkeit. Gefühlt im Wochentakt kommen neue Modelle und Tools auf den Markt. Jetzt sollte man sich als Designer*in offen mit der Technologie auseinandersetzen, aber sich bei der Einführung im professionellen Bereich bewusst sein, dass dieser Change auch Risiken birgt.
Welche Herausforderungen sehen Sie bei der Integration von KI in Designprozesse?
Marko Thorhauer: Es gilt, die richtige Balance zwischen menschlicher Kreativität und KI-gestützter Automatisierung zu finden. Wichtig ist, dass wir als Gesellschaft, und speziell wir als Designerinnen und Designer, die Kontrolle behalten und KI als unterstützendes Werkzeug nutzen, das unsere Arbeit ergänzt und beschleunigt, anstatt sie zu ersetzen. Designer*innen müssen lernen, mit KI-Systemen zu arbeiten und deren Stärken und Schwächen zu verstehen, um das volle Potenzial dieser Technologien auszuschöpfen. Die ethische Dimension von KI ist entscheidend für die Akzeptanz: Fragen zu Datenschutz, Transparenz und Verantwortung müssen geklärt werden –– insbesondere, wenn personenbezogene Daten genutzt und Inhalte erstellt werden, die darauf basieren. Hier liegt eine besondere Verantwortung bei den Designer*innen, da sie die Schnittstelle zwischen Technologie und Benutzer*innen bilden.
Sie arbeiten mit Ihrem Team vor allem an digitalen Produkten und helfen Unternehmen bei der digitalen Transformation: Wie beeinflusst KI Ihre tägliche Arbeit?
Marko Thorhauer: IBM iX ist die Experience-Agentur von IBM. Und klar, als Teil von IBM ist es unser Anspruch, führend in Einsatz und Beratung rund um KI zu sein. Im Bereich des digitalen Produktdesigns und UX/UI-Designs kann KI helfen, Nutzungserlebnisse einfacher und effizienter zu gestalten. Viele Gestaltungsparadigmen verändern sich durch KI, hin zur intuitiven, dialogorientierten Mensch-Maschine-Interaktion. KI-gestützte Analysewerkzeuge können große Mengen an Daten auswerten, um Muster und Trends zu erkennen, und so Prozesse schlau automatisieren. Viele digitale Design-Tools haben bereits KI integriert, so wie unser Partner Adobe mit Firefly. In der digitalen Content-Produktion spielt KI ebenfalls eine große Rolle. Generative KIs helfen, schnell zielgruppen- und markengerechte Texte zu erstellen. Mit automatischer Bilderstellung und -bearbeitung kann die visuelle Qualität von Inhalten erhöht, können Produktionszeit und -kosten deutlich reduziert werden.
Ein weiterer Aspekt ist die zunehmende Personalisierung von Inhalten und Nutzungserlebnissen. Indem KI-Systeme das Verhalten einzelner Nutzer*innen analysieren, können sie maßgeschneiderte Inhalte und Interaktionen generieren, die genau auf die Interessen der jeweiligen Person zugeschnitten sind. Das führt nicht nur zu einem besseren Anwendungserlebnis, sondern kann auch die Bindung an eine Marke oder ein Produkt stärken.
Die neue Studie „Disruption by Design: Evolving Experiences in the Age of Generative AI“ von IBM iX zeigt, wie Generative KI Designprozesse durch mehr Personalisierung und Automatisierung verändert. Designer*innen spielen eine zentrale Rolle beim Training der KI und der Sicherstellung vielfältiger, menschenzentrierter Inhalte. DesignOps wird entscheidend, um ethische Standards und Qualitätsrichtlinien zu gewährleisten.
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