Willy Guhl (1915 bis 2004) gehört zweifelsohne zu den Designpionieren der Schweiz. Er hat nicht nur weltbekannte Sitzmöbel wie den Strandstuhl aus Eternit oder Europas erste Sitzschale aus Kunststoff entworfen, sondern auch über Jahrzehnte einen am Menschen und seinen Bedürfnissen orientierten Gestaltungsansatz praktiziert und diesen als Lehrer Generationen von Schweizer Gestalter*innen vermittelt. Die Ausstellung „Willy Guhl: Denken mit den Händen“ im Museum für Gestaltung Zürich gibt vom 9. Dezember bis zum 26. März 2023 einen Einblick in Guhls ganzheitliches und praxisorientiertes Schaffen.
Ob er Blumenkistchen, Badewanne, Hocker, Kerzenständer oder ein Landwirtschaftsfahrzeug gestaltete, Design sollte für Willy Guhl nützlich, materialgerecht, langlebig und für alle zugänglich sein. Allein schon deshalb sind seine Entwürfe bis heute beispielhaft. An der Kunstgewerbeschule Zürich (der heutigen ZHdK), trug er sein eigenes Schaffen direkt in die Lehre. Umgekehrt prägten die Themen der Lehre seine Entwürfe. Guhl selbst hatte in den 1930er-Jahren unter Wilhelm Kienzle die Fachklasse „Innenausbau“ an der Kunstgewerbeschule besucht. Später wurde unter seiner Leitung daraus „Innenarchitektur und Produktgestaltung“. Entworfen wurde nicht mehr ausschließlich am Zeichenbrett. In der Werkstatt wurden Modelle gebaut, um Vorstellungen zu überprüfen. Das direkte Ausprobieren im Material, heißt es in der Ankündigung, das „Entwerfen im Machen“ sei „eine eigene Denkart, die im Ausstellungs-Projekt als ,Denken mit den Händen‘ bezeichnet wird“. Dieses „verkörperte Wissen“, das „auf der Wahrnehmung aller Sinne beruht, lässt sich nicht verschriftlichen, sondern kann in Zeichnungen, Modellen oder Fotografien entdeckt werden“. In der Kriegszeit, als sich die Schweiz von 1940 an am Wiederaufbau im weitgehend zerstörten Europa beteiligte und Materialien knapp waren, entwarf Guhl Paketmöbel. Sein Designansatz entwickelte sich weiter, von der „guten Form“ in den 1950er-Jahren über den Nonkonformismus der 1970er-Jahre bis zur boomenden Designindustrie der 1980er-Jahre. Dabei blieb Guhl sich und seinen Werten treu, blieb aber offen für neue Technologien und die sich wandelnden Herausforderungen der Zeit.
Die Ausstellung basiert auf einem vom Schweizerischen Nationalfonds geförderten Forschungsprojekt. Präsentiert werden neben Entwurfsprozessen, Möbeln und Produktdesign auch Fotografien aus Guhls Nachlass. Neben einem Filmporträt von 1985 werden Interviews mit ehemaligen Schüler*innen wie Hansruedi Vontobel, Klaus und Rosmarie Vogt, Robert Haussmann, Carmen Greutmann, Alois Rasser, Pit Wyss, Silvio Schmed oder Stefan Zwicky gezeigt. Guhls Designdenken kann in der Ausstellung zudem an eigens angefertigten Exponaten auch physisch erlebt werden. Zur Ausstellung erscheint die von Renate Menzi herausgegebene Publikation „Willy Guhl – Denken mit den Händen“ bei Lars Müller Publishers. Sie ist in deutscher und englischer Sprache erhältlich und kostet 45 CHF. Das Vermittlungsprogramm mit Gesprächen und Führungen ist auf der Website zu finden.
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