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Interview von Andrej Kupetz.

Hasso Plattner ist in Deutschland ein Förderer des Design-Thinking-Ansatzes der ersten Stunde. Schon seit 2007 wird Design Thinking am Hasso Plattner Institute in Potsdam gelehrt. Dafür erhält der SAP-Mitgründer den German Design Award 2017 in der Kategorie »Personality«.

Die Jury sagt: »Sein ungeheures Engagement hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Design Thinking heute international in Studiengängen und Workshops gelehrt und konsequent weiter erforscht wird. Dass mittlerweile zahlreiche Unternehmen Design Thinking in ihrem Designprozess erfolgreich anwenden und die Interaktion zwischen Mensch und Maschine durch gutes Design einfach und benutzerfreundlich bleibt, ist visionären Mäzenen wie Hasso Plattner zu verdanken.«

Andrej Kupetz sprach mit dem Stifter des Hasso Plattner Institute of Design in Palo Alto und der HPI School of Design Thinking am Hasso Plattner Institut in Potsdam.

Portrait von Hasso Plattner
Hasso Plattner, Mitgründer von SAP. Quelle: Rat für Formgebung

Herr Plattner, seit vielen Jahren sind Sie ein Vorreiter im Design Thinking, vor ziemlich genau elf Jahren wurde die d.school in. Stanford eröffnet. Wie und wann sind Sie erstmals auf das Thema aufmerksam geworden?

Das war eine Kette von Ereignissen: Für unseren  SAP-Kongress  SAPPHIRE im Jahr 2004 in New Orleans bereitete ich eine Rede über Design vor. Dabei fiel mir auch das  US-Magazin Businessweek in die Hand. Die Coverstory »The Power of Design« berichtete über  IDEO und deren Designmethoden. Das Magazin zeigte ich in meiner Rede den Zuhörern. Meinen Vortrag wiederum verfolgte  IDEO übers Internet – und kontaktierte mich etwas später in Palo Alto. Kurz darauf lernte ich die Gruppe der Stanford-Professoren kennen, die die Idee eines Institutes für Design Thinking hatten. Ab diesem Moment war ich an Bord – ein Jahr später wurde das Institut eröffnet.

Auch bei SAP wird Design Thinking seit Jahren genutzt – wie hat der Einsatz das Unternehmen verändert?

Ich glaube, die Diskussion über die Entwicklung von Produkten ist breiter und offener geworden. Die Einbeziehung der Benutzer ist wieder mehr in den Vordergrund gerückt. Außerdem werden Hierarchien aufgebrochen, und junge Leute haben eine bessere Chance, sich einzubringen – und das wollen sie auch. Die junge Generation will etwas bewegen, und wer etwas bewegt, muss Fehler machen und Irrwege ausprobieren dürfen. Das schnelle Prototyping des Design Thinking kommt dieser Kultur entgegen.

In Stanford und in Potsdam können Sie inzwischen aufzahlreiche Jahre Erfahrung zurückblicken. Gibt es kulturelle Unterschiede bei den beiden Instituten?

Es sind eher strukturelle Unterschiede. An der Universität Potsdam fehlen uns die Ingenieure, deshalb gibt es auf diesem Gebiet eine überregionale Vernetzung mit anderen. Hochschulen. Bei den Studierenden hingegen gibt es schon Unterschiede; in Stanford geht es viel internationaler zu als in Potsdam.

Was die Implementierung des Erlernten angeht: Sehen Sie hier Unterschiede zwischen den USA und Deutschland?

Generell ist die Bereitschaft, Design Thinking anzuwenden, in jungen Firmen am größten, aber in den USA ist der Fokus auf pragmatische Lösungen weiter verbreitet als hier.

Design Thinking trägt die Denk- und Arbeitsweise von Designern auch in andere Disziplinen, etwa in die Betriebswirtschaft oder das Ingenieurwesen. Können Ökonomen und Ingenieure dadurch auch den Sinn von angewandten Designleistungen besser beurteilen und wertschätzen?

In vielen Design-Abteilungen werden ähnliche Methoden ja seit Jahren verwendet. Das Neue auf Unternehmensebene ist der durchgehende Ansatz der Benutzerorientierung, die Einbeziehung von Mitarbeitern aus den verschiedensten Abteilungen, also neben Design auch Entwicklung, Vertrieb, Service et cetera, und schließlich der Mut zu ungewöhnlichen Lösungen. Sicherlich steigt mit dem Einsatz von Design Thinking die Wertschätzung für diese Methoden. Wie weit dies auch zur erhöhten Wertschätzung angewandter Gestaltung führen kann, hängt stark vom jeweiligen Unternehmen ab.

Hat sich die Position der Designer verändert?

Die Designer sind besser in den Entwicklungsprozess eingebunden und haben mehr Einfluss. Der Job ist aber auch schwerer geworden, da es mehr Schnittstellen zu berücksichtigen gibt und die Projekte insgesamt komplexer werden.

Welche kulturellen Veränderungen können Sie in Unternehmen beobachten – ausgelöst durch Design Thinking?

Design Thinking bietet die Chance, langwierige Prozesseund Abläufe zu beschleunigen oder zu überspringen und die verschiedenen Kompetenzen eines Unternehmens im Sinne der Nutzerorientierung zusammenzubringen. Wenn Unternehmen wieder wie ein Start-up agieren können, haben wir ganz viel erreicht.

Welche Rolle kommt dabei dem Management zu, wiekann dieses die Implementierung von Design Thinking fördern oder blockieren?

Den stärksten Effekt hat Design Thinking, wenn es vomManagement nicht nur toleriert, sondern aktiv genutzt wird. Hierfür ist natürlich ein grundlegendes Verständnis des Nutzens und der Möglichkeiten notwendig – welches wir an unseren Instituten vermitteln wollen.

Inwieweit stehen die Institute mit Absolventen in Kontakt und können die Erfolge im Wirtschaftsalltag verfolgen?

Die Institute in Potsdam und Palo Alto legen schon währenddes Studiums wichtige Grundlagen für Entrepreneurship – wir wünschen uns, dass viele unserer Absolventen den Schritt zum Gründer und Unternehmer wagen. Natürlich kann man nur einige der erfolgreichen Absolventen im Auge behalten. Durch Hasso Plattner Ventures schließlich investieren wir in vielversprechende Start-ups in der Gründungs- oder Wachstumsphase. Das können auch Absolventen sein, die nach dem Studium oder zu einem späteren Zeitpunkt gründen.

Ihr Fokus liegt dabei im IT-Bereich. Gibt es andere Bereiche, in denen Sie sich zukünftig einen verstärkten Einsatz von Design Thinking wünschen würden?

Zunächst einmal freue ich mich, dass es heute schon inverschiedenen Branchen und Professionen so verbreitet im Einsatz ist – weit über IT-Unternehmen hinaus. Aber zum Beispiel in den Bereichen Verwaltung oder Bildung gibt es auf jeden Fall noch weiße Flecken, die man besetzen könnte.


Zuerst erschienen im Katalog des German Design Award 2017. Beitragsbild: Quelle: Rat für Formgebung.

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