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Sound Branding prägt die Marke.

Telekom, McDonald’s oder Hornbach – zu diesen Marken haben die meisten von uns nicht nur ein Bild vor Augen, sondern auch einen Ton im Ohr. Warum das so ist? Weil diese Marken Wert auf gutes Sound Branding gelegt haben und nicht nur das Aussehen, sondern auch den Klang ihrer Marke so gestaltet haben, dass dieser sie unverwechselbar macht. Doch wieso ist der Sound einer Marke so wichtig – und wie entsteht überhaupt ein unverwechselbarer und ganzheitlicher Markenklang? Erfahren Sie in diesem Artikel mehr über die umfangreichen Möglichkeiten und Facetten des Sound Brandings, warum manchmal schon ein Herzschlag als akustische Visitenkarte funktioniert und wie moderne Techniken wie künstliche Intelligenz mit Sound Branding verschmelzen können.

Von Gina Block, GMK Markenberatung.

Nur fünf Töne braucht es, um zu wissen, dass es sich um die Telekom handelt. Auch Sie haben die Melodie bereits jetzt im Kopf, oder? Dahinter steckt ein cleveres Konzept namens Sound Branding, welches jedoch weit mehr beinhaltet als Jingles und Soundlogos. Dass Sound Branding bei jeder Marke auf der Prioritätenliste stehen sollte, zeigen sogar wissenschaftliche Studien. Diese haben bestätigt, dass Unternehmen, welche ihre Identität durch Musik und Klänge untermalen und diese an die Markenidentität anpassen, in 96 Prozent der Fälle besser in den Köpfen der Kund/innen bleiben. 

Die klangliche Gedächtnisstütze

Sound Branding ist emotionaler Brand Code

Der Marke einen Klang zu geben, ist heute unabdingbar und arbeitet wie kein anderer Brand Code mit den Emotionen der Nutzer/innen. Das Gehirn selektiert in der Regel wesentliche Informationen und filtert diese sehr stark. Akustische Signale und einprägsame Melodien können helfen, dabei nicht als unwichtig gefiltert zu werden. Sie bleiben einfach im Kopf, werden schneller und differenzierter verarbeitet als visuelle Eindrücke und im Gehirn als Wiedererkennungswert gespeichert. Dieses Verhalten lernen wir Menschen bereits als Säugling im Mutterleib. Dort ist das Hören einer unserer stärksten Sinne, um unsere Umwelt – wenn auch unbewusst – wahrzunehmen. Wir merken uns bereits dort die Stimmen unserer Eltern, reagieren auf Musik und speichern akustische Reize ab. Der Puls der Mutter ist dabei der erste Rhythmus, den wir lernen und von dem wir uns beruhigen lassen. So könnte man fast sagen, dass wir bereits im Mutterleib unsere ersten akustischen Brand Codes lernen – nämlich die unserer Familie und Umgebung. Übrigens führen Rhythmen, welche dem Puls des Menschen ähneln, bei den meisten Menschen auch im Erwachsenenalter noch zu Ruhe und Wohlbefinden – ein Lernmechanismus, der auf das Hören des Pulses im Mutterleib zurückzuführen ist. Wie Audi das für sein Sound Branding genutzt hat, erfahren wir später.

Von „In My Merry Oldsmobile“ bis zum Radiospot-Jingle

Die Geschichte des Soundbranding beginnt früh.

Die Geschichte des Soundbranding fängt bereits früh an. So werden akustische Klänge zwar erst seit circa dem 20. Jahrhundert gezielt für die Markengestaltung eingesetzt, unterbewusst waren jedoch auch schon früher Kirchenglocken oder Fanfaren eine Art akustische DNA. Die Kirchenglocken beispielsweise stehen bis heute für die Institution Kirche und haben sogar verschiedene Klänge für die unterschiedlichen Zwecke von Uhrzeit bis Gottesdienst.

Den ersten klassischen Brand-Song gab es 1905: Die Automobilmarke Oldsmobile entwickelte mit „In My Merry Oldsmobile“ einen eigenen Marken-Song und setzte als eine der ersten Marken auf Audio Branding. 1920 gab Erik Satie einem weiteren Bestandteil des Sound Branding einen Namen. Er ergänzte das Thema mit seiner „entwicklungslosen Musik“ um Klangteppiche, welche sich nicht nach den gewohnten Abfolgen der Musikkomposition richteten. Als sich Radiospots ihren festen Platz in der Medienwelt eroberten, begannen Markenmacher, die neuen Möglichkeiten zu nutzen. Es wurden Brand Songs, Jingles, Corporate Voices und Soundlogos produziert. Spätestens mit der voranschreitenden Digitalisierung wurde Sound Branding dann unumgänglich, da sich mit jeder digitalen Anwendung ein weiterer akustischer Berührungspunkt zwischen Nutzer/innen und Marke auftat.

Sound Branding hört nicht bei einer Melodie auf

Der Klang einer Marke hört nicht bei einer eingängigen Melodie im Werbespot auf. Zum Sound Branding gehören verschiedene Gestaltungselemente, welche alle zum Sound der Marke beitragen können:

Die Corporate Voice

Die Corporate Voice oder Markenstimme gibt der Marke das gewisse wiedererkennbare akustische Extra. So prägte die Stimme von Manfred Lehmann, dem Synchronsprecher von Bruce Willis, lange die Marke Praktiker. Sein Spruch „20 Prozent auf alles – außer Tiernahrung“ hat sich in den Köpfen von vielen Nutzer/innen verankert. Ebenso einprägsam als Corporate Voice war Verona Poth, damals noch Feldbusch, die mit ihrer hohen Stimme und dem Spruch „11880 – da werden Sie geholfen“ die Auskunft unterstütze. Markenstimmen müssen jedoch nicht immer zwangsläufig prominente Stimmen sein. Auch Sprachassistentin Alexa ist schnell zur unverwechselbaren Corporate Voice geworden, obwohl sie am Anfang gänzlich unbekannt war. Heute könnte man die Alexa-Stimme jedoch auch schon fast als Berühmtheit sehen – obwohl dahinter gar keine echte Person, sondern eine lernende KI (künstliche Intelligenz) steckt.

Das Soundlogo

Das Soundlogo ist das akustische Pendant zum visuellen Logo. Es drückt die Marke wie kein anderes Element im Sound Branding aus und bringt die Markenwerte und die Positionierung auf den Punkt. Dabei muss es in kürzester Zeit einprägsam sein – in der Regel haben Marken hierfür nur ein paar Töne und im Schnitt lediglich 0,5 bis drei Sekunden Zeit. Das Soundlogo kann rein instrumental gestaltet sein oder gesungen werden, beziehungsweise durch Sprache oder Gesang über der Melodie ergänzt werden.

Ein Beispiel für sehr kurze Soundlogos, die trotzdem jeder sofort wiedererkennt, sind die Klänge, die wir hören, wenn wir unseren Mac hochfahren, die Xbox starten oder Netflix anmachen. Etwas länger und gesungen hat sich zum Beispiel das Soundlogo von Hornbach etabliert („Yippi-Ya-Ya-Yippie-Yippie-Yeah“). Und auch die bereits erwähnten berühmten fünf Töne der Telekom sind ein Soundlogo.

Eines der erfolgreichsten Soundlogos ist der sogenannte „Heartbeat“ von Audi. Dieser entstand bereits 1994 und ist damit eines der ältesten Soundlogos. Mit den Jahren wurde der Heartbeat immer wieder erneuert, der Kern und die Botschaft des Soundlogos blieben jedoch immer dieselben. Mit dem Heartbeat drückt die Marke auf akustische Weise ihre Markenwerte Sportlichkeit, Emotionalität und Hochwertigkeit aus. Wie anfangs erwähnt, macht Audi sich hier auch die menschliche Psyche zunutze, die Herzschläge und Pulsrhythmen bereits im Mutterleib identifiziert und als wichtig und positiv abgespeichert hat. Mit ähnlichen Reizen arbeitet beispielsweise auch das von comevis entwickelte Soundlogo von o2. Der Klang der durch Synthesizer dargestellten Sauerstoff-Bubbles soll die Marke als sympathischen und vertrauensvollen Technologiebegleiter darstellen. Ebenfalls sehr stark ist das Soundlogo von yello, welches sogar dazu führte, dass viele Menschen die Marke vor allem an der Markensound-typischen Betonung des Wortes yello erkennen.

Der Jingle

Bei einem Jingle wird dem Soundlogo oft ein gesprochener oder gesungener Text angehangen. Beispiele dafür sind „Haribo macht Kinder froh und Erwachsene ebenso“ oder „Waschmaschinen leben länger mit Calgon“.

Neben diesen drei Hauptelementen gibt es noch weitere drei Elemente, welche man unter dem Begriff „Corporate Music“ zusammenfassen kann. Zu Beginn des Sound Branding waren diese Elemente Hauptbestandteil der akustischen Markenführung. Heute gehören sie jedoch eher zur „Alten Welt“ und ergänzen Soundlogos und Co., da ein Brand Song oder Anwendungsklänge für sich allein heutzutage viel zu kurz gegriffen wären.

Der Brand Song

Der Brand Song wird in der Regel extra für die Marke geschrieben und kann als Verlängerung des Soundlogos betrachtet werden. Der erste klassische Brand Song geht sogar wie anfangs bereits erwähnt mit Oldsmobile ins Jahr 1905 zurück. Ein anderes sehr bekanntes und aktuelleres Beispiel ist die Getränkemarke Beck’s, die den Song „Sail Away“ seit Jahren als Brand-Song nutzt – wenn auch immer wieder in neuen Versionen und von verschiedenen Interpreten. Dieser Song wurde jedoch nicht extra für die Marke geschrieben wie ein klassischer Brand Song, sondern stammt ursprünglich aus der Feder von Bernie Paul, Todd Canedy und Irmgard Klarmann und wurde 1991 durch den deutschen Sänger Hans Hartz bekannt. Große Bekanntheit erlangte das Lied ab 1995 durch Sänger Joe Cocker, der den Song anschließend ab 1995 jahrelang für Beck’s interpretierte. Ein aktuelles Beispiel ist der Song der Marke Merci, welchen es nicht nur im Werbespot zu hören gibt, sondern auch in voller Länge auf Spotify. Der „Merci, dass es dich gibt“-Song wurde im März 2021 modernisiert und in einen Singer-Songwriter-Stil abgewandelt.

Soundscape

Eine Soundscape ist eine Klanglandschaft und dient in den meisten Fällen zur Untermalung, beispielsweise eines Werbespots oder Produktvideos. Sie besteht dabei weniger aus klassischen Melodien und Instrumenten, sondern bedient sich auch an natürlichen Umgebungsklängen aus der Natur oder der Arbeitswelt. Das können ein friedlicher Wald oder das rauschende Meer, aber auch das Geräusch einer lauten Maschine oder eines aufheulenden Motors sein. Mit der Soundscape werden also meistens Orte oder Situationen akustisch wahrnehmbar gemacht.

Produkt- und Anwendungs-Klänge

Produkt- und Anwendungs-Klänge sind akustische Reize, die uns in Verbindung mit der Marke immer wieder über den Weg laufen und vor allem bei der Anwendung des jeweiligen Produkts oder der Dienstleistung zum Einsatz kommen. Das kann das Geräusch beim Hochfahren eines Geräts sein oder auch Feedback-Sounds, die beim Bewegen durch eine App entstehen.

Sound Branding ist Kunst

Es ist schwer, einen einprägsamen Brand Sound zu komponieren.

So großartig und vielversprechend das alles klingt, so schwer ist es aber auch, einen guten und einprägsamen Brand Sound zu komponieren. Hinter einem Brand Sound stecken viele Faktoren und vor allem die Brand Codes einer Marke, welche sich im Sound wiederfinden müssen. Schon kleine Entscheidungen, beispielsweise zwischen Dur und Moll, Terzen oder Quinten, verminderten oder Standard-Akkorden oder auch die Instrumentenwahl kann die Stimmung des Brand Sounds beeinflussen. Auch die Zielgruppe und deren Musikgeschmack sowie Musikgewohnheiten sollten in das Sound Branding mit einfließen. Es liegt also auf der Hand, dass hinter einer gelungenen akustischen Marken-DNA erfahrene Brand-Sound-Profis stecken sollten.

Einer dieser Profis ist Stephan Vincent Nölke, Geschäftsführer der Voice und Sound Branding Agentur comevis. Er sieht besonders in den heutigen Zeiten umfangreiche Möglichkeiten Soundbranding einzusetzen – vom klassischen Soundlogo bis hin zu akustischen Markenelementen in Podcasts und Apps wie Clubhouse oder Stereo. Gerade Letztere geben dem Thema Sound Branding eine neue Gewichtung und ermöglichen durch echte Dialoge sogar bessere Transparenz und Markentreue durch Voice und Sound Branding.


Über Stephan Vincent Nölke

Stephan Vincent Nölke von comevis
Bild: comevis

Stephan Vincent Nölke ist einer der gefragtesten Experten für strategisches Voice und Sound Branding sowie für digitale Audio und Voice Innovationen. Mit seiner Agentur comevis steht er für hörbare Innovationen und sorgt bei namhaften Kunden wie AOK, BVB, Bosch, Deutsche Post DHL, o2, Swisscom,Velux, Volkswagen, Würth, Yello, Zeiss oder auch dem Bundesministerium für den richtigen Markenton. Mit comevis gehen Stephan Vincent Nölke und sein Team das Thema Sound Branding innovativ und zukunftsweisend an und arbeiten beispielsweise an digitalen Tools, um das Sound Branding mittels KI auf das nächste Level zu heben. Dafür gibt es neben Studios und Labs auch eigene Klang- und Forschungs-Labore von comevis. Für diese Denk- und Herangehensweise wurde die Agentur mittlerweile mehrfach prämiert. Zudem hat Stephan Vincent Nölke Fachbücher zum Thema Soundbranding verfasst, ist der Entwickler der Methodik Sonic Profiling, unterrichtet unter anderem an der University-of-Applied-Sciences Bonn und ist Vorstand des Vereins der Förderer des Seminars für Medien- u. Technologiemanagement der Universität zu Köln.

Mit comevis denkt Nölke stets zukunftsorientiert und lässt auch Entwicklungen wie cloudbasierte KI-Tools, welche bei der Steuerung akustischer Markenführung helfen, in seine Arbeit mit einfließen: „Wir treiben diese Entwicklungen in unserem Unternehmen mit Hochdruck voran und unsere selbst entwickelten C-Cloud Tools wurden kürzlich mit einem Innovationspreis ausgezeichnet. Traditionelle Kreativ- und Designkompetenzen verschmelzen also gerade mit Tech-basierten Audio/Voice-Innovationen – und da steckt im wahrsten Sinne des Wortes Musik drin“, so der Brand-Sound-Experte in einem Interview mit The Restless CMO.


Sound Branding muss ein 360-Grad-Erlebnis sein

Sound Branding muss ein 360-Grad-Erlebnis sein.

Wie bereits erwähnt, ist Sound Branding ein weit gesteckter Bereich, dessen Möglichkeiten Marken in vollem Umfang nutzen sollten. Nur wenn Sound Branding als 360-Grad-Erlebnis mit modularen Elementen kreiert wird, ist es in jedem Bereich anwendbar und kann einfach an jede Situation angepasst und erweitert werden. Ein Beispiel dafür ist einer der Best Practise Cases von comevis: das Sound Branding für die Marke yello. Der Marken-Sound für yello wurde vom klassischen Werbespot über Klänge bei der App-Anwendung bis hin zur Festival-Ad durchdacht und ist durch die modularen Klangelemente beliebig erweiterbar.

Sound Branding hört außerdem nicht im B2C-Bereich auf, sondern ist entgegen der Meinung vieler Markenentscheider im B2B-Bereich gerade dort von enormer Bedeutung. Zu Beginn fokussierten eher Marken, welche im B2C-Bereich angesiedelt waren das Thema Sound Branding. Heute hat sich das gewendet und immer mehr B2B- und Mittelstandsunternehmen wie zum Beispiel Amprion, Camlog, Velux, Wilo oder auch Oventrop sind erfolgreich in die akustische Markenführung eingestiegen.

Sound Branding bedeutet Vielfalt

Bei all diesen Möglichkeiten kommt die Frage auf, warum Sound Branding noch nicht von jeder Marke in vollem Ausmaß genutzt wird. Laut Stephan Vincent Nölke haben markenbegleitende Agenturen gelegentlich das Gefühl, dass sie in ihrer Kreativität eingeschränkt werden könnten. Das kann Nölke jedoch verneinen: „Gerade wir Sound-Branding-Spezialisten gestalten und entwickeln Konzepte und Architekturen, bei denen das funktionale Sound-Design in seiner modularen, crossmedialen Einsetzbarkeit die entscheidende Rolle spielt“. Zusätzlich muss das Ausmaß von Sound Branding noch besser genutzt werden. „Zu oft wird angenommen, Sound Branding würde lediglich aus einem Jingle oder 1ner Musik bestehen, letztlich führt aus heutiger Sicht aber nur eine modulare Corporate Soundsystematik mit umfangreichem Sound-Content zum Ziel, da jeder Touchpoint seine ganz eigenen Anforderungen an Klang hat und wir ja nicht weniger, sondern immer mehr mediale Einsatzgebiete vorfinden, die es gilt im Sinne der Marke zur orchestrieren“, so Nölke weiter.

Die Komponisten dahinter

Die berühmtesten Marken-Sounds sind fast auf der ganzen Welt bekannt – doch wer dahintersteckt, das weiß kaum jemand. Die Köpfe hinter ein paar der bekanntesten Marken-Sounds sind beispielsweise:

  • Lance Massey (Telekom Melodie)
  • Alfred Newman (20th Century Fox Melodie)
  • Dr. Gerhard Lengeling (iPhone Klingelton)
  • Edward Reekers (Langnese Brand Song „So schmeckt der Sommer“)
  • Stefan Oberhoff (Merci Brand Song – vor der Modernisierung)

Eine akustische neue Welt

Das Thema Sound Branding ist und bleibt omnipräsent und wird sich dynamisch weiterentwickeln. Ein Grund für Marken, sich vom einmalig komponierten Soundlogo zu lösen und den Markenklang in alle Anwendungsbereiche zu übertragen. So können Marken künftig zum Ohrwurm bei Nutzer/innen werden und sich mit einigen wenigen Tönen im Gedächtnis verankern.


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