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Von Thomas Wagner.

Wie lassen sich bei der Mitarbeiterakquise die Besten finden und ans Unternehmen binden? Anne Grobe von der comdirect bank und Arndt Papenfuß von Kaldewei haben bei der German Brand Convention 2019 in Berlin Auskunft gegeben.

Employer Branding – Talente finden und binden

Sie sind die Basis für die Stabilität und den Erfolg jedes Unternehmens: Gute und motivierte Mitarbeiter. Die richtigen zu finden und langfristig zu binden, steht im Zentrum des Employer Branding, das Personalwesen mit Markenbildung verbindet. In Zeiten, in denen sich Marken wandeln und Mitarbeiter, deren Ansprüche gewachsen sind, aktiv rekrutiert werden müssen, ist das alles andere als eine leichte Aufgabe. Zu Beginn fragt die Moderatorin Simone Roth, die an der Hochschule Ruhr West in Mülheim an der Ruhr Marketing und internationales Marketing lehrt, wie die beiden Teilnehmer der Runde – Anne Grobe, bei der comdirect bank verantwortlich für Führungskräfteberatung, Personalservice und Recruiting, und Arndt Papenfuß, Senior Vice President Marketing bei Kaldewei –, was genau sie unter Employer Branding verstehen, gebe es doch Unternehmen, die einen eher ganzheitlichen Ansatz verfolgen und solche, die das weniger tun.

Vermitteln, was im Unternehmen tatsächlich gelebt wird.

Anne Grobe sieht die Aufgabe vor allem darin, die Attraktivität des Arbeitgebers nach innen und nach außen zu stärken; comdirect folge dabei dezidiert einem ganzheitlichen Ansatz, könne doch, wie sie betont, nur das nach innen vermittelt werden, was im Unternehmen tatsächlich gelebt werde. Durch all die Kommunikationskanäle und sozialen Medien falle es heutzutage schnell auf, wenn man nach außen ein tolles Marketing betreibe, dessen Werte im Unternehmen aber nicht realisiert würden. Außerdem koste es viel Geld, stelle man Leute ein, die nicht zum Unternehmen passten, „nicht den ,cultural fit‘ hätten“, oder ihnen etwas anderes versprochen worden sei, als man tatsächlich bieten könne.

Arndt Papenfuß, der die Bedürfnisse mittelständischer Unternehmen gut kennt, betont, eine besondere Herausforderung bei der Rekrutierung geeigneter Mitarbeiter erwachse für Kaldewei allein schon daraus, dass das Unternehmen seinen Sitz nicht in einer Großstadt habe, sondern in der westfälischen Provinz zwischen Dortmund und Münster. Besonders um digitale Talente müsse man kämpfen, das sei vor 5 bis 10 Jahren noch nicht so gewesen. Eine international agierende Firma könne ihre Mitarbeiter heute nicht in einem Umkreis von 50 Kilometern finden, diese müssten auch aus Metropolen und im internationalen Bereich angeworben werden. Schon deshalb müsse Employer Branding ganzheitlich betrieben werden, was von der Rekrutierung über die Mitarbeiterbindung bis zur Verzahnung mit den Marketingmaßnahmen reiche. Im letzten Jahr habe Kaldewei selbst im gewerblichen Bereich seine Ausbildungsplätze erstmals nicht mehr vollständig besetzen können: „Das war“, so Papenfuß, „ein Schockmoment für das ganze Unternehmen. Das sind wir nicht gewohnt.“

Mit #yourock neue Wege gehen.

Anne Grobe sieht einen Grund dafür, dass es – zumindest für bestimmte Funktionen – immer schwieriger werde, Mitarbeiter zu rekrutieren, auch im größer gewordenen Wettbewerb mit anderen Unternehmen. Da comdirect „sehr innovativ, sehr pioniermäßig auf dem Markt unterwegs“ sei, möchte man natürlich Leute ins Unternehmen holen, die genauso „ticken“ – und für die interessierten sich dann eben auch andere. Mit der Kampagne #yourock, die beim German Brand Award 2019 als „Best of Best“ in der Kategorie „Employer Brand of the Year“ ausgezeichnet wurde, habe man versucht, bei der Führungskräfteentwicklung neue Wege zu gehen, indem man individuelle Personal- und kollektive Organisationsentwicklung kombiniere. In einem ergebnisoffenen Prozess habe man gefragt: Was ist das Führungsverständnis, das wir zukünftig leben wollen? Was bedeutet gute Führung bei und für comdirect? Vier Säulen wurden am Ende herausgearbeitet: Verantwortung übernehmen, Menschen involvieren, Vorbild sein und Ergebnisse produzieren. Denn, so Grobe, am Ende gilt: „Ohne Performance, ohne Output, ist alles nichts.“ Da nur Faktoren eingeflossen seien, die Mitarbeiter auch zurückgemeldet hatten, sei es gelungen, das Employer Branding authentisch zu machen.

Die Bedeutung der Marke muss im Unternehmen verankert sein.

Für Papenfuß besteht erfolgreiches Employer Branding aus einem Bündel von Maßnahmen. Kaldewei habe sich in den letzten sechs Jahren von einem Volumenhersteller zu einem Premiumanbieter gewandelt. Damit habe sich auch die Marke verändert, die heute eine viel zentralere Rolle in der Unternehmensführung spiele: „Das war für viele Mitarbeiter ein Riesenschritt. Wir waren ein klassischer Sanitärhersteller mit hohen Qualitätsansprüchen, der sehr stark funktional und produktbezogen gedacht hat. Der Kunde und die Bedeutung der Marke waren aber noch nicht ausreichend im Unternehmen verankert.“ Also habe man „die Unternehmensvisionen bis hin zu einigen strategischen Eckpfeilern gemeinsam entwickelt und das dann bis zu den Mitarbeitern weitergetragen.“ Mitarbeiter aus dem weltweiten Vertrieb, die nur alle paar Jahre in die Zentrale kommen, seien über eine Art „Learning App“ einbezogen worden, die ihnen mittels spielerischer Elemente die Vision der Firma in Verbindung mit der Marke vermittelte.

Es gibt inzwischen sehr unterschiedliche Mitarbeiterbedürfnisse, je nach Typus und Lebensphase. Darauf müssen Arbeitgeber reagieren.

Anne Grobe, Leitung Führungskräfteberatung, Personalservices & Recruiting, comdirect bank

Rekrutierung ist das Eine. Weshalb aber bleiben Menschen bei einem Unternehmen? Ein wichtiger Faktor, so Grobe, sei die Atmosphäre, die im Unternehmen vorherrscht: „Passt das Unternehmen zu mir? Oder muss ich mich verstellen?“ Ständig zu versuchen, etwas vorzugeben, was man nicht ist, sei auf Dauer nicht nur anstrengend, es sei auch für das Unternehmen nicht optimal, da der Mitarbeiter sein Potenzial nicht voll ausschöpfen könne. Auch gebe es inzwischen sehr unterschiedliche Bedürfnisse, was nicht nur ein Generationenthema, sondern auch eine Frage des Typs und der Lebensphase sei, in der man sich befinde. Mitarbeiter im Bereich IT legten beispielweise oft Wert darauf, mehr als die üblichen Urlaubstage zu bekommen. Einige bevorzugten auch ein Sabbatjahr, wollten nur Teilzeit oder einen Tag in der Woche freiberuflich arbeiten. Darauf müsse man reagieren und individuelle Angebote machen.

Für Arndt Papenfuß sind es nicht allein Geld und Urlaub, die zur Bindung an ein Unternehmen beitragen. Gerade Mitarbeiter im digitalen Marketing könnten heute jederzeit wechseln. Sie könne man nur halten, weil sich die Kultur im Unternehmen gewandelt habe: „Als ich zu Kaldewei kam, rannte jeder noch mit Krawatte rum, es gab relativ rigide Arbeitszeiten und eine patriarchalische Führung.“ Heute trage keiner Krawatte, die Arbeitszeiten seien flexibilisiert, Arbeiten im Home-Office für viele möglich: „Das sind die Dinge, die heute zählen.“ Vor allem müssten Mitarbeiter aber einen Sinn in ihrer Arbeit sehen; sie müssten ihren Beitrag zum Unternehmenserfolg kennen und Wertschätzung erfahren.

Was die Zukunft des Employer Branding angeht, so geht Anne Grobe davon aus, dass sich die „richtig guten Leute“ in Zukunft nicht mehr fest an einen Arbeitgeber binden werden. Das Phänomen des „Hopping“ werde die Unternehmen bei Mitarbeitern einholen, die gefragt sind und breit eingesetzt werden können: „Dann müssen wir uns für Freiberufler deutlich flexibler aufstellen und schauen, was die haben wollen.“ Auch werde es wichtiger, den Nachwuchs durch interne Entwicklungsmöglichkeiten zu fördern.

Mitarbeiter müssen einen Sinn in ihrer Arbeit sehen, ihren Beitrag zum Unternehmenserfolg kennen und Wertschätzung erfahren.

Arndt Papenfuß, Senior Vice President Marketing, Kaldewei

Arndt Papenfuß freut sich, dass die Unternehmen die Bedeutung von Employer Branding erkannt haben. Marke und Markenführung seien nicht allein für Personalrekrutierung und Personalbindung entscheidend, sondern für das gesamte Unternehmen: „Da sind wir uns einig: ohne die Marke geht’s nicht. Sie ist auch für die Personalführung das Zentrum, um das sich alles drehen muss.“

Der komplette Video-Mitschnitt vom 06. Juni 2019

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