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Lyonel Feininger, Dame in Mauve, 1922, Öl auf Leinwand, 100,5 x
80,5 cm, © Museo Nacional Thyssen-Bornemsiza, Madrid / VG Bild-Kunst, Bonn 2023
Lyonel Feininger, Leviathan (Dampfer Odin I), 1917, Öl auf
Leinwand, 81,3 x 100,3 cm, Privatsammlung Schweiz, © VG Bild-
Kunst, Bonn 2023
Lyonel Feininger, Colored trucks, 1940er-1950er, Diafilm, 3 x 3,5 cm, Harvard Art Museums/Busch-Reisinger Museum, Schenkung von T. Lux Feininger, © Artists Rights Society (ARS), New York / VG Bild-Kunst, Bonn 2023, Foto © President and Fellows of Harvard College

Der deutsch-amerikanische Künstler Lyonel Feininger (1871 bis 1956) zählt längst zu den Klassikern der modernen Kunst. Bereits zur Gründung des Staatlichen Bauhauses wurde er 1919 als erster Bauhaus-Meister von Walter Gropius nach Weimar berufen, wo er bis 1925 (der Neugründung in Dessau) die Druckwerkstätten leitete. Auch durch die Hilfe des Quedlinburger Kunstsammlers Hermann Klumpp konnten Lyonel und Julia Feininger am 11. Juni 1937 das nationalsozialistische Deutschland in Richtung USA verlassen, wo Feininger als freier Maler in New York arbeitete. Nun widmet die Schirn Kunsthalle in Frankfurt am Main dem bedeutenden Maler und Grafiker vom 27. Oktober bis zum 18. Februar 2024 die erste große Retrospektive in Deutschland seit über 25 Jahren. Die Schau „Lyonel Feininger. Retrospektive“, so die Ankündigung, zeichne „ein umfassendes und überraschendes Gesamtbild seines Schaffens“, das neben seinen bekannten Gemälden von Bauwerken und kristallinen Architekturen auch scheinbar gegenläufige Interessen seines Œuvres berücksichtige.

Präsentiert werden rund 160 Gemälde, Zeichnungen, Karikaturen, Aquarelle, Holzschnitte, Fotografien und Objekte. Dazu gehören auch selten gezeigte Hauptwerke wie „Die Radfahrer (Radrennen)“ (1912), „Selbstbildnis“ (1915), „Zirchow VII“ (1918), „Gelmeroda XIII“ (1936) oder „Manhattan I“ (1940) sowie weniger bekannte Arbeiten wie die erst vor einigen Jahren wiederentdeckten Fotografien des Künstlers. Neben zentralen Werken aus seiner frühen figurativen Phase mit politischen Karikaturen, humorvoll-grotesken Stadtansichten und karnevalesken Figuren – Feininger arbeitete für Satirezeitschriften und Zeitungen wie „Ulk“ oder „Lustige Blätter“ und entwickelte für die „Chicago Sunday Tribune“ Comic-Serien – soll die Ausstellung auch seine Rolle als Bauhaus-Lehrer und Meister grafischer Techniken wie Zeichnung und Holzschnitt beleuchten. Weniger bekannt ist: Feininger schuf auch Holzspielzeuge. Ab 1913 arbeitete er an Lokomotiven aus buntem Hartholz; die Serienproduktion scheiterte aufgrund des Ersten Weltkriegs.. Ein besonderer Fokus liege zudem auf dem US-amerikanischen Exil. Seine berühmten kristallinen Architekturserien, bis heute seine bekannteste Werkgruppe, entwickelte Feininger während des Ersten Weltkriegs bis in die 1920er-Jahre. Wenige Jahre vor seinem Tod entstanden die „Ghosties“, eine humorvolle Serie von aquarellierten Tuschzeichnungen, die, ähnlich wie seine Karikaturen und Spielzeuge, in ihrer spielerischen Leichtigkeit einen Kontrast zu seinen monumentalen Architekturgemälden bilden.

Dr. Ingrid Pfeiffer, Kuratorin der Ausstellung, erläutert: „Lyonel Feiningers herausragendes Gesamtwerk repräsentiert geradezu exemplarisch zahlreiche Strömungen in der Kunst des 20. Jahrhunderts; trotzdem ist es äußerst individuell. Seine künstlerische Entwicklung vollzieht sich nicht linear, sie weist zahlreiche Sprünge und Rückgriffe auf, gleichzeitig werden Feiningers große Themen über alle Medien hinweg und bis ins Spätwerk sichtbar. Sein unabhängiges Denken ist frei von Hierarchien, auch Gegenteiliges und Andersartiges wird zugelassen. Auf den ersten Blick oft ernst, konstruiert und monumental, ist es zugleich ein Werk voller Überraschungen, tiefgründiger Melancholie und spielerischer Leichtigkeit.“

Zur Ausstellung erscheint im Hirmer Verlag ein von Ingrid Pfeiffer herausgegebener Katalog in einer deutschen und englischen Ausgabe mit Beiträgen von Ute Ackermann, Sebastian Ehlert, Anna Huber, Gloria Köpnick, Franziska Lampe, Barbara Leven, Achim Moeller und Ingrid Pfeiffer. Darüber hinaus bietet die Schirn ein Begleitheft und ein kostenloses Digitorial® an, die Einblicke in Feininger künstlerische Welt geben.


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