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Nike mit Tiffany & Co., Ikea mit Lego oder Snocks mit Airwaves: Die Liste an Marken, die gemeinsame Sache machen, ist lang. Und auch die der Vorteile, die die Zusammenarbeit für beide Partner mit sich bringt: Aufmerksamkeit, Imagetransfer, neue Zielgruppen – eben ein Regelbruch, den niemand erwartet hat. Doch nicht aus jedem Marken-Date wird die große Liebe.

Von Julia Gundelach

Den 7. März hatten sich im Frühjahr dieses Jahres viele Sneaker-Fans rot im Kalender angestrichen. Es war das Launch-Datum einer Zusammenarbeit zweier Partner, die viele überrascht hat: Mit Tiffany & Co. und Nike taten sich zwei ikonische amerikanische Marken zusammen und brachten gemeinsam ein neues Paar Schuhe auf den Markt: das Modell Nike / Tiffany Air Force 1 1837. „A legendary pair“ – so knapp kündigten die Partner ihre Kooperation auf Instagram an. 1,4 Millionen Followern gefiel das. Der Turnschuh, auf dem der berühmte Nike-Swoosh im weltbekannten Tiffany-Blue prangt (die Farbe wurde übrigens von Pantone extra für Tiffany entwickelt und heißt offiziell „1837 Blue“, benannt nach dem Gründungsjahr der Schmuckmarke), war nur in ausgewählten Boutiquen erhältlich, auch via App konnten Fans sich in einer Verlosung um die Möglichkeit bemühen, ein Paar zu ergattern.

Doch nicht nur Sneakerfans kamen bei dieser Kooperation auf ihre Kosten – auch für treue Kunden von Tiffany & Co. waren Turnschuhe plötzlich salonfähig. Ein Plus für beide Marken, denen es mit dieser außergewöhnlichen Zusammenarbeit nicht nur gelungen ist, ein neues Sneaker-Modell innerhalb von Minuten zu verkaufen. Sondern die damit auch weltweit für Furore in den Medien und sozialen Netzwerken sorgten.

Keine Branchen-Grenzen

Dass sich Marken für einzelne Projekte zusammentun, ist kein seltenes Phänomen. Ob es Möbelhersteller Ikea ist, der gemeinsam mit Lego eine Aufbewahrungsbox für die dänischen Klemm-Bausteine auf den Markt brachte, Philadelphia-Frischkäse verfeinert mit Milka-Schokolade, die Königliche Porzellan Manufaktur Berlin, die Teller von Möbeldesigner New Tendency launcht oder DHL und mybudapester.com mit Sneakern im gelben Post-Design: Die Liste von Markenkooperationen und Co-Brandings ist lang. Und erstreckt sich über alle Branchen hinweg, Grenzen gibt es so gut wie keine. Und gerade das macht sie so spannend. Denn so kommt zusammen, was auf den ersten Blick nicht unbedingt zusammengehört. Aber trotzdem zusammen funktioniert.

Warum performen Marken zusammen oft so gut, und was ist das Geheimnis hinter den Kooperationen? „Es klingt banal, aber für eine erfolgreiche Kooperation muss zuerst definiert werden, was Erfolg bedeutet“, erklärt Colin Fernando, Markenexperte und Partner bei Brandtrust, Managementberatung für markenzentrierte Unternehmensführung. „Welche Ziele werden verfolgt? Was braucht die Marke und durch welche Kooperation kann ich diese Ziele erreichen? Daher beginnt eine erfolgreiche Kooperation mit Klarheit in Sachen Sinn und Zweck.“

© DHL

Der richtige Partner als Basis

Und natürlich mit der Partnersuche – die Basis für den Erfolg einer Kooperation. Auch sie hängt vor allem davon ab, was Marken mit ihrer Zusammenarbeit eigentlich erreichen wollen: neue Zielgruppen erschließen, sich in einem neuen Bereich positionieren, die Marke verjüngen, Aufmerksamkeit erregen, innovative Produkte entwickeln, attraktiver werden; wer genau weiß, was er mit der Partnerschaft überhaupt erreichen will, der weiß auch, mit wem an der Seite das am ehesten gelingt.

Auch ein Blick in die Zielgruppen macht die Suche nach dem Partner erfolgreicher: Wer auf Marken setzt, die eine ähnliche Zielgruppe und vergleichbare Werte vertreten, erhöht die Wahrscheinlichkeit für den Erfolg. „Insbesondere der aktuelle Status Quo der Marke sollte betrachtet werden: Wie bekannt ist die Kooperationsmarke? Wie attraktiv und anziehungsstark ist die Marke? Wofür steht sie?“, so Fernando. Der Experte hat dafür ein Beispiel: „Eine Marke mit hoher Bekanntheit kooperiert mit einer eher unbekannten, aufstrebenden Marke. Sollten hier die Ziele für beide Seiten nicht klar gesteckt sein, entsteht schnell ein einseitiger Vorteil: Die unbekanntere Marke bekommt einen Bekanntheits- und Attraktivitätsschub. Der ‚großen‘ Marke bleiben im positivsten Fall ein paar Sympathiepunkte.“

Klein plus groß

Dass das Beispiel kleine, aufstrebende plus große, etablierte Marke aber auch Erfolg haben kann, zeigt das Beispiel Snocks und Airwaves: Gemeinsam brachten die Partner Snocks-Socken mit Kaugummi-Logo auf den Markt. Kaugummis und Socken? So weit hergeholt, wie es klingt, ist das gar nicht. Schließlich darf es gerne auch an den Füßen ruhig ein bisschen „fresher“ sein. Win-win für beide Marken: „Für Airwaves entstand eine Art Verjüngung, für Snocks resultierte ein Schub für die noch junge Socken- und Unterwäschemarke“, erklärt Colin Fernando.

Immer fresh unterwegs zu sein, war noch nie so einfach: die limitierte Airwaves-Sockenkollektion
© Mars GmbH

Augen auf bei der Partnerwahl

Suchen sich Marken den falschen Kooperationspartner aus, kann das verheerende Folgen haben. Berühmtes Beispiel ist Lego, das vor knapp zehn Jahren Shell-Kunden an Tankstellen Lego-Rennautos schenkte, Lego-Figuren mit Shell-Logo und Tanklaster inklusive. Die Kritik von Greenpeace folgte prompt, der Spielzeughersteller beendete die Zusammenarbeit.

Aktueller ist der Fall Adidas und Kanye West: Angesagter Rapper designt Sneakers für angesagte Marke – was zunächst wie ein Erfolgs-Garant klang, war schnell vorbei, als Kanye sich antisemitisch äußerte und zum Problemrapper wurde. Wohin jetzt mit den Schuhen? Im Mai gab Adidas bekannt, man wolle einen Teil davon verkaufen und den Erlös spenden. Sicherlich eine gute Idee, denn die falsche Partnerwahl ist das eine – der Umgang damit, wenn es Probleme gibt, das andere. „Werden Skandale nicht richtig gemanagt, entsteht der Spill-Over Effekt – beide Marken werden negativ beeinflusst“, sagt Markenexperte Colin Fernando. „Kalkulierte Regelbrüche sind gut. Doch der Grat zur Irritation und Abschreckung der bestehenden Kunden und Fans ist schmal.“

Colin Fernando © BrandTrust

Kooperationen als Marketingtool

Für manche Marken gehören Regelbrüche durch Markenkooperationen quasi zum Tagesgeschäft – wie Smoothiehersteller True Fruits: Ob es Kinder Em-Eukal ist („Husten? Fuck off“), Cini Minis („Seid ihr noch ganz knusper?“), Ahoj Brause (Ahoj-Shots) oder die CBD-Marke Ottmanns (mit Grinder im Flaschendeckel), die Saftmarke bringt immer wieder unerwartete Partner mit in die Flasche und wird dafür von den Fans geliebt („Wann gibt’s Nachschub?“). Das lohnt sich für alle Beteiligten, erklärt Colin Fernando: „Durch die ungewöhnliche Auswahl der Kooperationspartner landet True Fruits meist einen Regelbruch, was wiederum zu Buzz und Aufmerksamkeit für beide Seiten führt.“ Auch die Marken-Fans sind glücklich. Win-win.-win, was will man mehr?

© True Fruits

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