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Wie kommen Design-Absolvent/innen und Unternehmen zusammen? Die Gesprächsrunde „Transferleistung. Wie Ideen aus dem Möglichkeitsraum der Designhochschulen in die Praxis kommen“ stellte sich dieser Frage anlässlich der German Design Graduates 2021 in Berlin.

Von Jasmin Jouhar.

ndion-Talk „Transferleistung“: Idealismus und Industrie

Transferleistung Idealismus und Industrie
Die Teilnehmenden des Talks „Transferleistung. Wie Ideen aus dem Möglichkeitsraum der Designhochschulen in die Praxis kommen“. v.l.n.r.: German Design Graduates Emilie Burfeind und Lukas Hartz, Alexandra Sender (Rat für Formgebung), Ashana Hohgräve (Marken- und Designberaterin, Otto Bock), Jasmin Jouhar (Designjournalistin). © Elena Kayser

„Ihr werdet die Zukunft gestalten“, sagte Ashana Hohgräve. „Meine Generation darf zuschauen, fördern und Erfahrungen zur Verfügung stellen. Aber die Richtung gebt ihr vor.“ So das Schlusswort einer durchaus kontroversen Gesprächsrunde anlässlich der Nachwuchsausstellung „German Design Graduates 2021“ – ein Schlusswort, das als Ermunterung und Bestätigung zugleich gemeint war. Die Berliner Markenberaterin ermunterte die anwesenden Designabsolventinnen und -absolventen, ihre Perspektiven und Themen mit Nachdruck zu verfolgen. Und bestätigte sie zugleich in ihrer Wahrnehmung, dass die Industrie sich wandeln muss, um zukunftsfähig zu werden. Denn das hat der ndion-Talk „Transferleistung. Wie Ideen aus dem Möglichkeitsraum der Designhochschulen in die Praxis kommen“ mit den beiden Designer/innen Emilie Burfeind und Lukas Hartz und der Beraterin Ashana Hohgräve klar gezeigt: Viele aus der jungen Generation haben kein Interesse daran, einfach den klassischen Karriereweg in der Industrie zu durchlaufen. Sie sind voller Idealismus angesichts der großen Herausforderungen unserer Zeit und wollen ihren Beitrag dazu leisten, Gesellschaft und Wirtschaft zu transformieren.

„Unternehmen aus der Industrie sind wichtige Partner“, sagte Lukas Hartz beim Talk im Berliner Kunstgewerbemuseum. Partner, mit denen junge Designerinnen und Designer ihre Projekte gemeinsam umsetzen könnten. Hartz hat mit anderen Absolvent/innen ein Start-up gegründet, um einen neuartigen Fahrradschuh zu produzieren und vermarkten. Dabei habe er gemerkt, dass es schwierig ist als gedacht, Ideen aus dem geschützten Raum der Hochschule in die Welt zu bringen. Ähnlich ergeht es Emilie Burfeind mit ihrer Masterarbeit „Sneature“, einem Konzept für einen vollständig biologisch abbaubaren Sneaker. Im Austausch mit Expert/innen für Sneaker-Entwicklung habe sie erkannt, wie komplex das Vorhaben tatsächlich sei. Ashana Hohgräve kennt die Gemengelage bestens von der anderen Seite: Die ausgebildete Gestalterin begleitet seit vielen Jahren Designprozesse in Unternehmen, etwa beim Orthesen- und Prothesenspezialisten Ottobock. Für Ottobock hat sie auch schon eine Reihe von Kooperationen mit Studierenden und Hochschulen organisiert. Aus ihrer Erfahrung, so berichtete Hohgräve beim Talk, haben Inhouse-Projekte die größte Chance auf Realisierung. Wenn also Studierende für ihre Abschlussarbeit in ein Unternehmen gehen und das Vorhaben gemeinsam mit den Entwicklungsteams umsetzen – die Industrie als Lernraum für den Nachwuchs.

Ein anderes Thema, das die Runde im Kunstgewerbemuseum bewegte: Wie finden Nachwuchs-Designer/innen und Unternehmen zusammen, wenn es gilt, freie Stellen passend zu besetzen? Eine dringliche Frage, für Absolventinnen genauso wie für viele Firmen, die vom Fachkräftemangel geplagt sind. Auch hier setzt Ashana Hohgräve auf gemeinsame Projektarbeit. Dabei könne man sich in einem geschützten Raum entspannt kennenlernen. Sie betonte zudem, wie wichtig generell die frischen Perspektiven der jungen Generation für Unternehmen seien. Während die langjährigen Mitarbeitenden ein tiefes Wissen um Produkte und Märkte hätten, helfen die unkonventionellen Sichtweisen und visionären Konzepte der Neuen beim Weiterdenken. Weil aber Visionen im Klein-klein des Alltags nur selten entstehen können, plädierte Emilie Burfeind vehement für die Hochschule als Ort des Experimentierens und Ausprobierens, als Ort, an dem junge Menschen ihre kreative Persönlichkeit bilden können. Ohne gleich bei jedem Projekt an die Umsetzung denken zu müssen.

Ein Fazit des ndion-Talks, auf das sich alle Teilnehmenden und Zuschauer/innen einigen konnten: Um den durchaus heiklen Moment des Übergangs von den Hochschulen in die Berufs- und Unternehmenswelt so gut und erfolgreich wie möglich zu gestalten, sind Vermittlungsplattformen sehr hilfreich. Das kann ein Recruiting-Portal sein, wie es der Rat für Formgebung plant, oder eine Initiative aus der Lehre wie die German Design Graduates sein. Hauptsache, die Plattform schafft Sichtbarkeit und bringt die verschiedenen Akteur/innen zusammen.

Über den ndion-Talk „Transferleistung. Wie Ideen aus dem Möglichkeitsraum der Designhochschulen in die Praxis kommen“

Am 9. Oktober 2021 fand der ndion-Talk „Transferleistung. Wie Ideen aus dem Möglichkeitsraum der Designhochschulen in die Praxis kommen“ statt. Die Moderatorinnen Jasmin Jouhar (Designjournalistin) und Alexandra Sender (Rat für Formgebung) diskutierten mit der Marken- und Designberaterin Ashana Hohgräve (Otto Bock) sowie zwei German Design Graduates, wie junge Talente den Sprung in eine erfolgreiche Laufbahn im Design schaffen.

Mehr über die German Design Graduates

In diesem Jahr fanden die German Design Graduates zum dritten Mal statt. Die nicht-kommerzielle Initiative zur Förderung des Designnachwuchses zeichnet dabei Absolvierende deutscher Designstudiengänge aus. In diesem Rahmen vergab auch das beim Rat für Formgebung angesiedelte Institute for Design Research and Appliance (IfDRA) erneut einen Preis für Designforschung. Damit möchte das Institut vor allem Einreichungen auszeichnen, die sich an der Schnittstelle von Theorie und Praxis bewegen und durch deren Kombination und Integration in den Designprozess zukunftsrelevante Resultate entstehen.

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